Wien ist seine eigene Tarnung: Touristen werden durch ein Labyrinth an Sehenswürdigkeiten geschleust und zu Melange-Tränken und Kuchen-Trögen geführt, wo die Einheimischen sie umgehen können, weil sich ihr Leben anderswo abspielt.
Ein- bis zweimal pro Jahr reise ich zu meiner Mutter nach Wien, doch seitdem ich zu alt und zu breit bin, um auf ihrer Couch zu übernachten, suche ich nach dem optimalen Hotel. Diesmal bin ich im »Altstadt Vienna« gelandet. Ein Antiquitätengeschäft namens »Zeitloos« liegt an der Ecke, das die ideologische Nähe zum Architekten Adolf Loos sucht, der die Streitschrift Ornament und Verbrechen geschrieben hat und einer der geschmackssichersten Wiener war.
Auch das »Altstadt Vienna« ist eher zurückhaltend eingerichtet, als dass es irgendeinem Kitschbedürfnis entgegenkommt: Der Eingang duckt sich unter einer roten Markise weg, und die Zimmer vermitteln das Gefühl, als lebte man in der Stadt und wäre nicht nur Gast. Das »Altstadt Vienna« liegt im 7. Bezirk, dort wo die Stadt noch so ist, wie man sie sich vorstellt, wenn man bei Wien eher an Psychoanalyse als an Mozartkugeln denkt. Und wo wir schon bei Sigmund Freud sind: »Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos«, heißt es bei ihm. Damit hat er die skeptische Haltung der Wiener zum Lob definiert. Also müssen die freundlichen Betreiber des »Altstadt Vienna« kurz tapfer sein: Meine Suche ist beendet.
Anschrift: Altstadt Vienna, Kirchengasse 41, 1070 Wien, www.altstadt.at,
Tel. 0043/1/522 66 66, hotel@altstadt.at, DZ ab 139 Euro, Matteo-Thun-DZ ab 169 Euro.