Aufwachen mit Plätschern im Ohr

Das »Novecento Boutique Hotel« in Venedig lässt Gäste hinter die Fassade der Touristenstadt blicken. Als die Möwen kreischen, erlebt auch unsere Autorin den Venedig-Moment, auf den sie sehnsüchtig gewartet hat.

Es ist mein erstes Mal in Venedig, und ich bin enttäuscht. Ich vermisse das Lebensgefühl, das eine Städtereise ausmacht. Dass alles gleichzeitig stattfindet: italienische Omas neben deutschen Kindern auf dem Spielplatz, das Läuten der Schulglocke neben der Sightseeingtour. In Venedig scheint es allerdings nur eines zu geben: Touristenrestaurants, Touristenshops und Touristen. Die ganze Stadt fühlt sich an wie eine Kulisse, ich vermute, dass sich irgendwo dahinter das echte Leben versteckt, aber für mich (als Touristin) sind die Pforten dahin versperrt.

Also laufe ich wie alle anderen durch die Gassen, über 130 Brücken und zurück, fahre mit dem Wasserbus über den Canal Grande, besuche die Gärten, in denen die Biennale stattfindet, hole mir am Hafen einen Sonnenbrand auf der Nase und trinke Spritz auf einer Piazza. Alles ist wunderschön und genau so, wie ich es von Fotos kenne, aber eben auch nicht mehr.

Bis ich am nächsten Morgen im Hotel »Novecento« aufwache und die Möwen kreischen höre. Da ist er endlich, mein kleiner Venedig-Moment. Durchs Fenster rieche ich das Wasser, das hier alles zu verschlingen droht, und endlich erschließt sich mir das Besondere an dieser Stadt und ihren Menschen, die ihr Leben mit Plätschern im Ohr verbringen. Derweil wartet im Innenhof das Frühstück auf mich. Und als ich wenig später das Hotel verlasse, ist Vene­dig so gut wie leer – noch keine Tages­touristen, nur ein paar Müllmänner, Paketboten und eine elegante Dame mit Hund.

Novecento Boutique Hotel
San Marco 2683/84
30124 Venedig, Italien
Tel. 0039/041/241 37 65
DZ mit Frühstück ab 240 Euro/Nacht
novecento.biz