Sie sind seit fast 40 Jahren Wirtin im Glockenbachviertel, eine Institution.
Marietta: Oh, danke.
Es heißt, das einstige Schwulenviertel werde immer beliebter bei gut verdienenden Kleinfamilien. Was halten Sie davon?
Ach, jeder soll tun dürfen, was er will – er muss ja nicht einmal schwul sein. Wir sind hier alle offen und möchten das Viertel nicht für uns allein. Aber seitdem immer mehr Besserverdienende kommen, steigen die Preise. Das finden die, die hier schon länger wohnen, natürlich nicht so toll. Manche ziehen weg, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können. Das heißt, die Schwulen werden im Schwulenviertel wieder zur Minderheit. Verlagert sich die Szene jetzt woandershin?
Na, so weit ist es zum Glück noch nicht. Aber die Leute im Viertel mischen sich nicht mehr so wie vor 20, 30 Jahren. Früher waren die Jungen viel aufgeschlossener und toleranter. Heute hört man sie auch mal über Schwule und Transvestiten lästern.
Wie – im Schwulenviertel wird über Schwule gelästert?
Ja, leider muss ich das immer wieder hören. Dabei möchte ich doch, dass das Viertel offen und bunt ist. Optisch ist es ja inzwischen sehr hübsch. Dafür sind die jungen Leute hier spießiger geworden.
Foto: ap