In den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten für Menschen mit Penis, macht seit einigen Jahren ein Schimpfwort Karriere: Douchebag. Als Douchebag bezeichnet man einen weißen, arroganten, egoistischen Kotzbrocken mit reichlich Privilegien und wenig Manieren. Jordan Belfort, der von Leonardo DiCaprio dargestellte »Wolf of Wallstreet« wäre ein klassischer Douchebag. Ebenso Martin Shkreli, der dadurch berühmt wurde, als Chef einer Pharmafirma die Kosten für ein für Aidspatienten lebenswichtiges Medikament um 5000 Prozent angehoben zu haben. Seit ein paar Tagen kann man ihm auf Youtube dabei zusehen, wie er den Wahlsieg Donald Trumps feiert, und zwar indem er breit grinsend ein Album des Rap-Kollektivs Wu-Tang-Clan abspielt, dessen einzige Pressung er für zwei Millionen Dollar ersteigert hat.
Hierzulande begegnet man »Douchebags« in Form von Castingshowjuroren oder Onlinekommentarschreibern unter Artikeln, die irgendwas mit Homosexualität oder Feminismus zu tun haben, dem Hören-sagen nach auch in Parteivorständen und Firmenzentralen. Doch das wirklich Interessante am »Douchebag« ist die eigentliche Bedeutung des Schimpfwortes. Ein »Douchebag« ist eigentlich eine Vaginaldusche. Ein Gummisack mit einem Gummischlauch, einst erdacht, um bei Frauen »untenrum« und »innendrin« mal ordentlich sauber zu machen.
Dass dieses heute kaum noch gebräuchliche Produkt in den letzten Jahren zu einem derart populären Schimpfwort geworden ist, könnte auf den ersten Blick irritieren, aber eigentlich ist es total folgerichtig. Eine Vaginaldusche insinuiert ja, dass es zwischen Frauenbeinen etwas Dreckiges, Ekliges gibt, das gereinigt werden müsste - eine Vorstellung, die medizinisch längst widerlegt ist. Und so ähnlich sieht es ja auch in den Köpfen der Männer aus, die man gemeinhin als »Douchebag« bezeichnet: Sie finden, dass Frauen irgendwie »nasty« sind mit ihrem ewigen Genöle nach Gleichberechtigung, ihrer Bluterei, ihrem nervigen Beharren darauf, beim Sex auch auf ihre Kosten zu kommen. In ihren Augen haben Frauen sauber, glatt und sexy, verfügbar aber nicht lustvoll zu sein. Und bitte auch nicht allzu intelligent.
Größere Verbreitung fand die Vaginaldusche erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts als (nicht besonders effektive) Verhütungsmethode sowie als Instrument falscher Hygienevorstellungen. Denn wer eine Vaginaldusche benutzt um schlechte Bakterien zu entfernen, entfernt eben auch die guten und richtet damit mehr Schaden als Nutzen an. Kein Frauenarzt würde daher heute noch zu regelmäßiger Anwendung einer Vaginaldusche raten, solange keine akute Infektion vorliegt. Der Absatzmarkt für Vaginalduschen dürfte also seit Jahren stetig schrumpfen, auch wenn die Mär von der schmutzigen Vagina noch immer hier und da verbreitet wird:
Vor kurzem erst sorgte ein Internetphänomen namens »Panty-Challenge« für Aufsehen: Frauen fotografierten stolz das Innere ihrer Unterhosen um zu dokumentieren, dass sie keinen – igitt! - Ausfluss haben. Die gute Nachricht: Der Anteil der Menschen, Männer wie Frauen, die diesen Internettrend als mindestens so lächerlichen wie gefährlichen Blödsinn bezeichnen, ist jedoch mindestens dreimal so hoch wie der Anteil der Frauen, die tatsächlich bei dieser »Panty-Challenge« mitgemacht haben.
Genauso verhält es sich mit den menschlichen »Douchebags«, die derzeit wieder überall zum Vorschein kommen. Wie die Vaginaldusche sind sie schädlich und von vorgestern. Und auch wenn es derzeit so aussieht, als hätten sie die Oberhand, sind ihre Tage doch langfristig gezählt. Weil ihr Selbstverständnis von weißer, männlicher Überlegenheit argumentativ so leicht zu widerlegen ist. Weil die Jugend – und damit die Zukunft – in überwältigender Mehrheit weder Boris Johnson noch Donald Trump auf den Leim gegangen ist. Weil die sonst vielgescholtenen Millenials Wert darauf legen, dass beim Sex beide Spaß haben – und nach dem Orgasm-Gap vielleicht auch endlich den Pay-Gap schließen. Weil sich acht Millionen Deutsche in der Flüchtlingshilfe engagieren, während nur einige Tausende dem Pegida-Douchebag Lutz Bachmann nachlaufen. Weil der Fortschritt – egal ob in der Intimhygiene oder der Weltpolitik – nicht aufzuhalten ist, auch wenn er manchmal Rückschläge einstecken muss.
Illustration: Eugenia Loli