Name: Lee Jeffries
Geboren: 1971 in Bolton, England
Ausbildung: Fotograf (Selbststudium)
SZ-Magazin: Herr Jeffries, wann haben Sie mit der Porträt-Fotografie angefangen?
Lee Jeffries: Alles begann mit der Begegnung mit einem jungen Mädchen in London. Sie lag zusammengekauert in einem Schlafsack auf dem Leicester Square. Ich habe aus der Entfernung ein Foto von ihr gemacht – das nahm sie mir übel. Zuerst wollte ich weggehen, aber irgendwas brachte mich dazu, sie trotzdem anzusprechen. Ihre Geschichte brach mir das Herz und veränderte meinen Blick auf Obdachlose. Die meisten meiner Bilder sind von Menschen, die ich auf der Straße getroffen habe, in den Vereinigten Staaten, in Europa und vor allem in England. Sobald ich rausgehe, habe ich immer meine Kamera dabei. Du kannst nie wissen, wer dir begegnet.
Warum fotografieren Sie in Schwarz-Weiß?
Schwarz-Weiß-Bilder fangen die Stimmung besser ein, sie sind emotionaler.
Kann ein Kindergesicht genauso viel erzählen wie das Gesicht eines 80-Jährigen?
Absolut. Als Fotograf kannst du etwas im Menschen erkennen, lange bevor du ihn fotografierst. Das Alter spielt dabei keine Rolle.
Trotzdem porträtieren Sie hauptsächlich alte Menschen ...
Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Wir leben in einer Welt, die das Ideal verehrt, die Jugend. Hier müssen wir eine Balance finden, die keine Altersgrenzen kennt. Jeder ist einzigartig und jedes Porträt erzählt seine eigene Geschichte, egal wie alt man ist.
Was sagen Falten über einen Menschen aus?
Ich möchte meine Fotos genau so machen, wie ich den Menschen sehe und wahrnehme. Dabei versuche ich, jedes Vorurteil außer Acht zu lassen und nicht Kunst um der Kunst willen zu kreieren. Ich bin eher ein Reporter, ein visueller Erzähler dessen, was ich sehe. Und wenn Bilder dabei helfen, Ungerechtigkeiten in der Welt aufzuzeigen, dann halte ich sie erst recht für gelungen. Aber es sind nicht die Falten, die in meinen Porträts die Geschichte erzählen: Es sind die Augen, immer die Augen.
Wer ist Ihr Lieblingsfotograf und warum?
Stephan Vanfleteren. Seine Porträts sind herausragende Beispiele für Menschlichkeit und Mitgefühl. Wenn Sie seine Arbeiten noch nicht gesehen haben, kann ich ihn nur wärmstens empfehlen!
Fotos: Lee Jeffries