»Wir hielten uns ganz fest«

22 Jahre nachdem sie zur Adoption freigegeben wurde, machte sich die Amerikanerin Ashley Comer auf den Weg, um ihre leibliche Mutter Sheila kennenzulernen. Mit der Kamera dokumentierte sie das emotionale Treffen.

Name: Ashley Comer
Alter: 22
Ausbildung: Savannah College of Art and Design, Bachelor of Fine Arts in Fotografie
Wohnort: Milton, Massachusetts, USA
Website: ashleycomer.com

SZ-Magazin: Wie fühlte es sich an, als Sie Ihre leibliche Mutter zum ersten Mal getroffen haben?
Ashley Comer:
Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Die Fahrt zu ihr war so nervenaufreibend. Ich sagte die ganze Zeit zu meinem Freund: »Ich kann nicht glauben, dass das wirklich passiert.« Mein ganzes Leben habe ich mir vorgestellt, wie meine leiblichen Eltern wohl so sind. Als ich ausgestiegen bin, standen sie und ihr Partner schon vor ihrem Haus und wir sind uns nur in unsere Arme gefallen. Wir konnten es beide nicht fassen und hielten uns ganz fest.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, das Treffen zu fotografieren?
Als Fotograf lichte ich einfach alles Mögliche ab. Eigentlich hatte ich einen anderen Plan für meine Abschlussarbeit, aber die Gesamtsituation hat mich davon sehr abgelenkt. Außerdem war es für mich auch eine Möglichkeit, um das Eis zwischen uns zu brechen. Schließlich hatte ich immer etwas parallel zu tun und wollte, dass sie gut aussieht.

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Wie hat es Ihre Mutter empfunden, während des Treffens fotografiert zu werden? Hat sie gezögert, als Sie gesagt haben, dass die Fotos veröffentlicht werden?
Sie war sehr aufgeregt, fühlte sich aber wohl dabei. Es fühlte sich auch in keinem Moment aufgezwungen an. Denn all die Dinge die sie mir gezeigt hat, hätte ich sowieso fotografiert. Sie hatte einiges von mir aufgehoben: Meine Geburtsurkunde, meine Fußabdrücke und eine kleine pinke Mütze. Als sie damit in den Raum kam, schoss ich das erste Foto.

Welche Gemeinsamkeiten konnten Sie beide an sich feststellen?
Als Erstes haben wir herausgefunden, dass wir die gleiche Lieblingsfarbe haben: Orange. Außerdem sind wir beide Linkshänder und Künstler. Das sind zwar nur Kleinigkeiten, aber es ist schön zu sehen, dass man etwas gemeinsam hat. Sie hat sich außerdem auch sehr gut mit meinem Freund unterhalten. Sie sind beide verrückt nach Autos. Die meiste Zeit habe ich nicht mal verstanden, worüber sie gesprochen haben.

Gab es etwas, dass Sie an dem Treffen überrascht hat?
Mich hat es überrascht, wie ländlich ihre Einstellung in vielen Dingen ist. Das hat mich verwundert, da sie ja in Massachusetts aufgewachsen ist. Aber sie ist so ländlich geprägt, sie bezeichnet sich selbst sogar als Hinterwäldler. Das habe ich absolut nicht erwartet, ist aber auch überhaupt nicht schlimm. Ich finde es sogar sehr interessant.

Finden Sie, dass Sie sich ähnlich sehen? 
Ich denke schon. Als ich ihren jüngsten Sohn getroffen habe, sagte er sofort: »Wow, du siehst genauso aus wie Mama.« Sie ist zwar blond und ich brünett, aber unsere Gesichtszüge ähnlich sich sehr.

Gibt es ein Foto, das die besondere Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Mutter am besten rüberbringt?
Wahrscheinlich das Foto, auf dem wir beide diese Blume halten. Es ist wie eine Art des Vorstellens. Wir treffen uns beide zum ersten Mal und stehen kurz davor, unsere Lebensgeschichten miteinander zu teilen.

Fotos: Ashley Comer