Dunkel, elegant und alles andere als lieblich sieht die Scheinzichorie aus. Im Sommer heißt sie Catalogna, ihre Blätter schmecken bitter. Im Winter wachsen neue Triebe aus der Mitte der Blattrosette, die sogenannten Puntarelle. Das ist einfach die Verniedlichung des italienischen Wortes »punta« für Spitze. Sie sind hohl, sehen aus wie zartgrüne Spargelköpfe und schmecken superknackig, frisch und zwar am besten roh. Auch Puntarelle sind nicht frei von Bitterstoffen, aber die Dosierung ist perfekt. Wer Artischocken mag, wird Puntarelle lieben.
In der Gegend um Rom werden sie als Puntarelle romane serviert, das ist ein Salat mit gehackten Sardellen, Knoblauch, Peperoncino, Zitrone und Olivenöl. Sehr gut - aber noch einfacher sind sie mir am liebsten: Puntarelle, Salz, Pfeffer, Zitrone und etwas Olivenöl. Diese Grundzubereitung passt zu sehr vielen Gerichten. Entweder in Salaten oder als Beilage zu Schnitzel und Steak, zu schweren Schmorbraten oder cremiger Polenta. Als knusprige Garnitur geben marinierte Puntarelle sogar Suppen mit Hülsenfrüchten oder Kartoffeln einen kleinen Extra-Kick.
Das Geheimnis ihrer Vielseitigkeit ist eben die zartbittere Note. Die fehlt nämlich den meisten Zutaten in unserer Küche. Ein kleiner Hauch Bitterkeit tut aber sehr vielen Gerichten gut - vor allem, wenn Butter, Öl, Käse oder andere Fette im Spiel sind. Vermutlich spiegeln hier unsere Geschmacksvorlieben die Wirkung bitterer Kräuter und Gemüse: Sie pflegen die Leber und helfen dabei Fette gut zu verdauen.
Soweit ich weiß haben Puntarelle unsere Supermärkte noch nicht erreicht. Sie finden sie auf dem Markt oder bei guten Gemüsehändlern von Oktober bis Ende März.
Grundrezept Puntarelle-Salat
1 Kopf Puntarelle romane
2 EL Zitronensaft
Salz, Pfeffer
4 EL Olivenöl
Den Strunk abschneiden, grüne äußere Blätter entfernen. Die inneren Spitzen voneinander lösen, den harten Stielansatz von jeder einzelnen Spitze abschneiden. Puntarelle ganz traditionell mit einem kleinen Hausfrauen-Küchenmesser direkt aus der Hand längs in schmale Streifen schneiden. Oder mit einem größeren Messer auf dem Schneidebrett in dünne Scheiben schneiden. Normalerweise werden diese Streifen nun in kaltes Wasser gelegt, dadurch rollen sie sich sehr hübsch auf - nötig ist das aber nicht. Zarte grüne Blätter zu den geschnittenen Puntarelle geben (große Blätter beiseite legen, siehe Tipp).
Mit Zitronensaft mischen und mit Salz und Pfeffer würzen. Olivenöl zugeben und ein paar Minuten ziehen lassen. Als kleine Vorspeise für 4 Personen mit etwa 125 g Ziegenkäse oder einer gebratenen Hähnchenbrust anrichten. Ein paar gebratene Apfelspalten und geröstete Pinienkerne passen auch dazu.
Catalogna-Tipp:
Die größeren, etwas ledrigen, äußeren Blätter nicht wegwerfen, sondern zum Beispiel für ein einfaches Pasta-Gericht verwenden: In 4 cm lange Stücke schneiden, in Salzwasser 10 Min. kochen. Dann abgiessen und mit Penne oder anderen kurzen Nudeln wieder in kochendes Salzwasser geben. Weiter garen, bis die Nudeln bissfest sind. Abgiessen und mit Tomaten, Speck- oder Käsesauce mischen und servieren. Oder wie beschrieben in Salzwasser vorkochen, abgiessen und dann mit etwas Knoblauch, Olivenöl, Salz und Pfeffer kurz fertig dünsten und als Gemüse servieren.