Vor einigen Wochen haben die besten aller schwäbischen Maultaschen nicht nur mich enthusiasmiert, sondern auch vielen von Ihnen gut gefallen. Grund genug, um ein kleines Projekt zu starten: eine Miniserie über Lieblingsessen. (Wer schon lange nach einer besonders guten Version eines Lieblingsessens sucht, kann uns den Wunsch mailen an online@sz-magazin.de. Ich freue mich auf Ihre Anregungen.) Ab und zu möchte ich mich hier mit den kulinarischen Fundamenten unserer Kultur beschäftigen – in ihrer jeweils idealen Form. Natürlich.
Hier kommt mein Lieblingsessen Nummer 2: das Hirschragout.
Mangels Wölfen, Luchsen, Bären und Wildkatzen in unseren Wäldern müssen Jäger jagen. Sonst gäbe es bald keinen natürlichen Wald mehr, in dem wir wandeln können. Denn Rehe und Hirsche fressen oder schädigen Schösslinge und Triebe. In einem Wald mit zu viel Wild, haben junge Bäume keine Chance.
Für ein Hirschragout haben wir grundsätzlich zwei Zubereitungsmöglichkeiten: Die zähen Stücke und Stückchen aus Haxen, Hals und Bauch sollte man einige Tage in Essigwasser und/oder Rotwein mit Wurzelgemüse und Gewürzen marinieren und dann erst schmoren. Zartere Stücke aus Keule oder Schulter kann man sehr gut direkt schmoren. Das dauert nicht einmal besonders lange. Die Kombination aus rustikalem Hirsch, Rotwein und Wacholder mit duftigen Quittenaromen gefällt mir besonders gut.
Lassen Sie sich nicht von der langen Zutatenliste abschrecken, die Hauptarbeit bei diesem Rezept besteht aus zugucken, Rotwein trinken, während das Ragout vor sich hin schmurgelt. Lauschen Sie dem sanften Blubbern – man hört sehr gut, wenn die Temperatur stimmt. Für mich ist dieses Blubbern so entspannend wie tibetanische Meditationsmusik.
Hirschragout mit Quitten
Zutaten für 4 Personen
800 g Hirschkeule (Reh geht auch, Schulter von beiden geht auch, dauert vielleicht ein paar Minuten länger)
2-3 kleinere Quitten
½ Bio-Zitrone
1 Anisstern
2 EL Öl5 Schalotten
4 Knoblauchzehen
3-4 Möhren
3 EL Butter
1 TL Wacholderbeeren
2 Lorbeerblätter
0,3 l Rotwein
100 g passierte Tomaten
250 g gemischte Waldpilze
1 Rosmarinzweig
2 EL Quittengelee
Salz, Pfeffer, Zucker
Außerdem: Ein schwerer Bräter mit Deckel oder eine große, schwere Pfanne mit Deckel.
Lassen Sie sich das Fleisch schon beim Metzger von Häuten und Sehnen befreien. Hirschkeule in knapp 2 cm große Würfel schneiden. Mit einem Esslöffel Öl in einer Schüssel mischen. Schalotten, Knoblauch und Möhre schälen und klein würfeln.
Quitten waschen, in 4 Millimeter dicke Scheiben schneiden und mit einem 3/4 Liter Wasser, einer halben Zitrone und einem Anisstern 10 Minuten kochen. Quittenringe aus dem Wasser nehmen und abtropfen, das Kochwasser aufbewahren.
Eine große, schwere Pfanne oder einen Bräter mit einem Esslöffel Öl erhitzen, Hirsch darin bei großer Hitze anbraten. 2-3 Minuten braten, dabei immer wieder umrühren. Einen Esslöffel Butter zugeben, aufschäumen und die Gemüsewürfel zugeben. Leicht mit Salz und Pfeffer würzen. Kurz mitbraten, dann mit einem Schuss Rotwein löschen. Bei großer Hitze einkochen, bis das Ragout wieder beginnt zu brutzeln, anschließend erneut ablöschen. Solange wiederholen, bis der Wein verbraucht ist. Anbraten, ablöschen und immer wieder einkochen dauert insgesamt etwa 15 Minuten.
Wacholderbeeren im Mörser zerquetschen oder grob hacken und zusammen mit den Lorbeerblättern und den Tomaten zum Rehragout geben (eventuell in einen Schmortopf umfüllen, muss aber nicht unbedingt sein, wenn die Pfanne hoch genug ist). Mit Quittenwasser aufgießen und 45 Minuten weich kochen, dabei wird auch die Sauce eingekocht.
In der Zwischenzeit Pilze putzen, falls nötig waschen und trocknen. Rosmarin waschen und trocknen, die Nadeln abstreifen und fein hacken. Quitten mit einer Prise Zucker bestreuen und mit etwas Butter von beiden Seiten hellbraun braten, aus der Pfanne nehmen. Pfifferlinge in die Pfanne geben, 3 Minuten braten, dabei immer wieder umrühren. Mit Rosmarin bestreuen.
Quittengelee unter das Ragout rühren, abschmecken und mit Pilzen und Quitten servieren. Dazu passen alle Arten kurze Nudeln und Knödel.