Von Ferne betrachtet sind wir alle Schwaben – neben Wurst und Sauerkraut sind die schwäbischen Maultaschen eines der wenigen Gerichte, die man in anderen Ländern mit deutscher Küche verbindet. Das gefällt mir gut!
Schon während meiner Kochlehre in der Nähe von Stuttgart durfte ich zahllose Maultaschen für unser Personalessen kochen – dem Küchenchef war es wichtig, dass wir nicht nur seine ChiChi-Sterneküche kennenlernten, sondern auch die Grundlagen: Spätzle schaben, Bratkartoffeln braten oder eben Maultaschen füllen. Wenn sich mehr Gastronomen solche Gedanken um die umfassende Ausbildung ihrer Lehrlinge machen würden, statt sie drei Jahre lang Salat putzen zu lassen, dann wäre das Nachwuchsproblem am Herd bestimmt nicht ganz so groß.
Von meinen persönlichen Maultaschen-Erinnerungen abgesehen mag ich auch, dass dieses aufwändige und ungewöhnliche Gericht heute noch regelmäßig gekocht wird. Metzger in Baden-Württemberg bieten zwar fertige Maultaschen an, aber eben auch Nudelteig, den jeder zuhause selber füllen kann. Nach Lust und Laune mit oder ohne Fleisch, mit viel oder wenig Spinat und Petersilie, oder ganz anders. Für viele Schwaben im Exil, zum Beispiel in Berlin, sind Care-Pakete mit Maultaschen starke Verbindung zur Heimat. Ähnlich wie vielleicht für Italiener im Ausland das Olivenöl vom Opa.
Doch genauso wie Olivenöl auch für Nichtitaliener eine wichtige Rolle spielt, so schmecken auch Maultaschen ohne familiäre Verknüpfungen und regionale Romantik. Wer allerdings, wie ich, nicht das Glück hat von schwäbischen Verwandten regelmäßig versorgt zu werden, muss sie eben selber machen. Als die Maultaschen endlich fertig fotografiert waren und zum Mittagessen serviert wurden, breitete sich seeliges Lächeln aus auf allen Gesichtern um den großen Tisch im Fotostudio - besonders groß war es bei unserem Assistenten aus Stuttgart.
Schwäbische Spinat-Maultaschen
Für 6 Portionen (die gekochten Maultaschen lassen sich sehr gut einfrieren, man kann die Mengen auch gleich alle verdoppeln):
Für den Nudelteig:
300 g Spätzlemehl + etwas mehr zum Ausrollen (Spätzlemehl heißt auch Wiener Griessler oder ganz offiziell: Weizendunst)
Salz
3 Eier (Größe M für die Nudelmaschine, Größe L wenn der Teig per Hand ausgerollt wird )
Für die Füllung:
700 g frischer Blattspinat (oder 500 g TK-Blattspinat)
100 g geräucherter Bauchspeck
500 g Zwiebeln
1 Bund Petersilie
2 EL Öl
3 EL Butter
300 g feines Bratwurstbrät (von Kalb oder Schwein, beim Metzger kaufen)
Salz, Pfeffer, Muskat
500 ml Rinder- oder Gemüsebrühe
Zuerst den Teig vorbereiten: Spätzlemehl, eine kräftige Prise Salz und Eier zu einem festen, glatten Teig verkneten - am besten geht das, wenn alle Zutaten Zimmertemperatur haben. Den Nudelteig in Folie wickeln und mindestens 30 Minuten ruhen lassen.
Für die Füllung den Spinat putzen, waschen und in reichlich Salzwasser einmal kräftig aufkochen lassen. Abgiessen und abtropfen lassen (TK-Spinat einfach nur auftauen lassen). Spinat fest ausdrücken. Den Spinat erst grob schneiden und dann eher fein hacken.
Speck klein würfeln - das geht am besten, wenn der Speck sehr kalt und fest ist, also evtl. eine halbe Stunde vorher ins Tiefkühlfach legen. Zwiebeln abziehen und halbieren. 2 Zwiebeln so klein wie möglich würfeln, den Rest in Scheiben schneiden. Petersilie zupfen und hacken.
Speckwürfel mit dem Öl in einem kleinen Topf anschwitzen. Nach etwa 2 Minuten die fein gewürfelten Zwiebeln zugeben, zugedeckt 5 Minuten bei kleiner Hitze dünsten. Petersilie zugeben, umrühren, vom Herd nehmen und in eine Schüssel umfüllen. Gleichzeitig die etwas gröberen Zwiebeln mit der Butter und einer Prise Salz in einem kleinen Topf mit Deckel 10 Minuten „schmelzen" also dünsten. Brät und Spinat mit der Zwiebel-Speck-Mischung vermengen, mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen - das Brät ist schon gesalzen, also mit dem Salz etwas vorsichtig sein. Die Masse abschmecken (wer keine rohen Farcen abschmecken mag kann ein kleines Klösschen abstechen und in etwas Wasser mit einer Prise Salz 5 Minuten gar ziehen lassen und dann abschmecken).
Den Nudelteig zu langen schmalen Rechtecken ausrollen - am einfachsten geht das mit einer Nudelmaschine. Mit der Nudelmaschine auf die zweitdünnste Stufe ausrollen, mit dem Nudelholz einfach so dünn wie möglich ausrollen - in beiden Fällen den Teig mit etwas Mehl bestäuben, damit er nicht klebt. Die Füllung etwa 5 mm dick auf dem Teig verstreichen, dabei an den langen Rändern jeweils einen 2-3 cm breiten Streifen frei lassen (besonders schnell und gleichmäßig lässt sich die Füllung verteilen, wenn Sie sie mit einem Spritzbeutel mit großer Tülle auf den Teig spritzen und dann nur noch glatt streichen). Den weiter entfernten freien Teigstreifen mit wenig Wasser bepinseln. Die Teigbahn von der Längsseite her zweimal umklappen so dass anschliessend die Teignaht unter der Teigrolle liegt.
Mit einem Kochlöffelstiel im Abstand von 5 cm flachdrücken, durchschneiden – echte Schwaben schneiden die Rolle einfach schräg in 5 cm breite Maultaschen, die an den Schnittkanten nicht ganz geschlossen sind – aber so halten die Maultaschen noch besser zusammen. Maultaschen in schwach siedendem Salzwasser 6-8 Minuten kochen. Die Brühe aufkochen (Manche kochen die Maultaschen auch direkt in der Brühe, dafür muss es etwa die doppelte Menge Brühe sein). Maultaschen aus dem Wasser heben in tiefe Teller verteilen, Brühe angiessen und die geschmelzten Zwiebeln über die Maultaschen verteilen.