Was fehlt Ihnen, Abel Ferrara?

Kultregisseur Abel Ferrara im Interview ohne Worte über Filmfestivals, Willem Dafoe, die schönste Publikumsreaktion und das grauenhafte Gefühl, den eigenen Film zum ersten Mal zu sehen.

Geboren: 19. Juli 1951 in New York
Beruf: Filmregisseur
Ausbildung: Filmstudium an der State University of New York
Status: Erlöst

Ein Gesicht, dem man das alles ansieht, die Kindheit in der Bronx, den katholischen Glauben, mit dem er ein Leben lang ringt, die Dämonen, Alkohol, Drogen, manische Arbeit an düsteren Filmen, der berühmteste ist wohl bis heute Bad Lieutenant, und dann die zweite Familie, mit der er alles besser machen möchte als mit der ersten. Seine Frau Cristina, die in seinen aktuellsten Filmen mitspielt, ist jung, seine Tochter Anna klein, ein vierjähriges Kind. Es seien die guten Gene, antwortete Abel Ferrara vor wenigen Jahren in einem Interview mit dem US-Magazin Interview auf die Frage, warum er immer noch da sei – jedenfalls liege es nicht daran, dass er gut auf sich aufgepasst hätte. Er erzählt von seinem Großvater, der mit zwanzig Jahren aus Süditalien nach New York kam, dort eine Familie mit zehn Kindern ernährte, zwei Waisenkinder von der Straße auflas und aufzog, ohne je ein Wort Englisch gesprochen zu haben. Und Ferrara erzählt von den Drogen. Vierzig Jahre lang, sagt er, war er total breit, auch beim Drehen. Nun ist er nüchtern, und vielleicht kamen darum in diesem Jahr gleich zwei Filme ins Kino, erst Tommaso und der Tanz der Geister über einen Mann, der einen Film in eisiger Kälte plant, und jetzt Siberia über einen Mann, der in eisige Kälte flüchtet.