Frauen unter der Haube Die Braumeisterinnen aus Franken haben ihr Wissen ausgetauscht - und ein Bier für Frauen erfunden. Die ersten 450 Liter waren innerhalb von drei Wochen ausverkauft.
DA BRAUT SICH WAS ZUSAMMEN
Vier Freundinnen und ein Bier, das mehr mit Aperol Sprizz zu tun hat als mit wüsten Saufgelagen.
SZ-Magazin: Frau Meinel-Hansen, wie gut schmeckt Ihr Frauenbier?
Gisela Meinel-Hansen: Fruchtig, trotzdem trocken. Es duftet nach Grapefruit, Zitrone, Ananas, ist aber nicht süß. Ein idealer Sundowner.
Wie kamen Sie darauf, dass Frauen so etwas mögen könnten?
Meine Schwester, zwei Freundinnen und ich sind Braumeisterinnen, wir treffen uns ab und zu auf ein Feierabendbier. Vergangenen Juni saß am Nachbartisch eine Gruppe Frauen, die alle Aperol Sprizz bestellten – kein einziges Bier. Das gibt’s doch nicht, dachten wir uns.
Wo liegt das Problem?
Die Brauer haben Frauen als Kundschaft vergessen. Die Aufmachung, die Vermarktung, die Haptik von Bier spricht vor allem Männer an. Wir wollen das Image ändern. Man soll Bier nicht nur mit dicken Bäuchen und Saufgelagen verbinden.
Also haben Sie sich zusammengetan.
Genau. Jede von uns ist praktischerweise auf einen Rohstoff spezialisiert.
Was heißt das?
Isabella kennt sich super mit Malz aus – als wir das Rezept entwickelten, schlug sie Dinkelmalz vor, das hat schon Hildegard von Bingen verwendet. Das weiche, milde Wasser kam von Yvonne, und meine Schwester Moni hatte die Idee, Champagnerhefe zu verwenden. Ich habe die Hopfenart vorgeschlagen – eine neu gezüchtete Sorte namens »Mandarina Bavaria«, die nach Zitrusfrüchten duftet.
Waren Sie sich gleich einig?
Ja, wir verstehen uns blind. Die Farbe sollte kupfern sein, wie Morgenrot. Das Bier musste duften, aber herb sein, wie Aperol Sprizz. Und wir wollten es in Bierflaschen abfüllen, deren Form an Champagnerflaschen erinnert, mit Naturkorken.
Offenbar lagen Sie richtig.
Die Nachfrage überraschte uns, wir haben das Bier ja nur in unseren Brauereien in Hof, Trebgast und Memmelsdorf verkauft. Nach drei Wochen waren 450 Liter weg. Und das Bier hat nicht nur Frauen begeistert. Bei der ersten Verkostung gab es ein Gästebuch: Viele Männer haben uns da reingeschrieben, wie gut sie es fanden. Bald gibt es Nachschub.
Familienbrauerei Georg Meinel, Alte Plauener Straße 24, 95028 Hof
www.meinel-braeu.de
DIE WELT, EIN DORF
So geht 21. Jahrhundert: Eine Japanerin produziert in München französische Himbeertartes.
Nur mit Frauen arbeiten wollte die Japanerin Kanako Okada eigentlich nie. Doch ihre frühere winzige Backstube in der Münchener Maxvorstadt hatte so niedrige Decken, dass Mitarbeiter mit einer Körperlänge von mehr als 1,55 Meter einfach zu groß gewesen wären. Als sie endlich eine größere Backstube fand, war ihr Frauen-Team längst eingespielt. Heute arbeiten sieben Japanerinnen und eine Kolumbianerin in ihrem Café »Tanpopo« – auf Deutsch Löwenzahn. Neben Tartes und Windbeuteln backen die Frauen auch asiatische Süßigkeiten wie Grüner-Tee-Rollen mit grünen Bohnen.
Europa war schon immer Kanako Okados Traum, bereits als Kind malte sie sich ein Leben in Paris oder Wien aus. 1993 kam sie für ihre Konditorlehre mit anschließender Gesellenzeit nach München ins Hotel »Vier Jahreszeiten«. Danach wollte sie einen Lieferservice für Kuchen gründen – »der scheiterte allerdings an meinen schlechten Fahrkünsten«. Das »Tanpopo« läuft bestens, trotzdem hat sie keine Expansionspläne. Sie verweist lächelnd auf ihr Café-Motto »Kuchen machen glücklich«: »So, wie es ist, ist es genau richtig.«
»Konditorei Café Tanpopo«, Maillingerstraße 6, 80636 München, Tel. 089/52 05 57 57 www.tanpopo-cafe.de
Mit Sinn fürs Detail
MIT SINN FÜRS DETAIL
»Dihei« ist Schweizerdeutsch und heißt »daheim«. Genauso sieht es im Züricher »Kafi Dihei« auch aus: Auf antiken Sesseln liegen handbestickte Kissen, an den Wänden hängen Gemälde in Goldrahmen, die Lampenschirme an der Decke sind selbst genäht. Über der Damentoilette schwebt ein Käfig mit künstlichen Vögeln, die zwitschern, wenn man den Raum verlässt. Mit dem »Dihei« wollten Sabinska Binswanger und Geraldine Gschwend einen Ort zum Ankommen schaffen: Die beiden Schweizerinnen sind fern der Heimat aufgewachsen, eine in Kanada, die andere in Kenia. Zurück in Zürich haben sie sich bei der Arbeit an der Theke einer Bar kennengelernt.
Mittlerweile verbringen sie mehr Zeit in ihrem »Dihei« als zu Hause. Dass insgesamt fünf Frauen in ihrem Café arbeiten, ist eher Zufall: »Wir haben nach Mitarbeitern gesucht«, erzählt Geraldine Schwenk, »die Wert auf Details legen: beim Kochen, Backen, Bedienen. Und wir haben eben Frauen gefunden.«
»Kafi Dihei«, Zurlindenstrasse 231, 8003 Zürich, Schweiz, Tel. 0041/44/557 43 48
www.kafidihei.ch
STARQUOTE
Robert De Niro und Donald Sutherland hat's hier geschmeckt
Seit 116 Jahren ist das »La Buca« nahe Parma in Frauenhand: derzeit in denen von Miriam Leonardi und Tochter Laura. Männer kommen nicht in die Nähe der Küche: »Der Tag, an dem ein Mann die Küche betritt, wird der Tag sein, an dem das ›La Buca‹ schließt«, zitiert Leonardi ihre Großmutter. »Wenn Frauen etwas erreicht haben, nimmt man ihnen das nicht weg. Wir müssen für Erfolg viel härter arbeiten als Männer.«
Als Gäste sind Männer aber gern gesehen. Robert De Niro kam in den Siebzigern und aß so lange, bis er für seine Rolle als Boxer in Wie ein wilder Stier oscarreife 27 Kilo mehr auf den Rippen hatte. Donald Sutherland wiederum konnte von den Tagliatelle Culatello nicht genug kriegen. Der Culatello di Zibello gilt als der Schinken unter den Schinken – im »La Buca« hängt der Keller voll davon. Leonardi empfiehlt außerdem die Innereien mit Parmesan. Entscheidungsfreudig muss im »La Buca« allerdings niemand sein. Leonardi schaut sich ihre Gäste an – und entscheidet selbst, was für wen das richtige Essen ist.
»Trattoria La Buca«, Via Ghizzi, 6, Zibello/Parma, Italien, Tel. 0039/0524/992 14
www.trattorialabuca.com
Du bist unabhängig
»DU BIST UNABHÄNGIG«
Im »Al Fassia« dürfen marokkanische Frauen endlich mal alles - und Männer nur Zwiebeln hacken.
SZ-Magazin: Frau Chab, wieso arbeiten bei Ihnen nur Frauen?
Myra Chab: Als mein Vater das erste Restaurant vor 27 Jahren gründete, wollte er die marokkanische Kultur so authentisch wie möglich abbilden – und in Marokko kochen traditionell nur die Frauen, die Töchter decken den Tisch. Mein Vater hatte auch viele Jahre als Hotelmanager gearbeitet. Er kannte die Probleme mit männlichen Mitarbeitern, die oft unrasiert zur Arbeit kamen oder nach Alkohol rochen. Marokkanische Frauen sind es gewohnt, hart zu arbeiten, sie pflegen sich, trinken und rauchen nicht – die perfekten Mitarbeiter für ein Restaurant.
Wie wählen Sie Ihre Mitarbeiterinnen aus?
Wir fragen unsere Angestellten, ob sie nicht jemanden kennen, der zu uns passen könnte. Am liebsten haben wir Frauen aus kleineren Städten und Dörfern – die sind fleißiger als die Leute aus Marrakesch.
Männer arbeiten bei Ihnen nicht?
Wir haben zwei Sicherheitsmänner an der Tür. Und in der Küche arbeiten ein paar männliche Aushilfen – für die marokkanische Küche müssen viele Zwiebeln und Karotten gehackt werden.
Eine ungewöhnliche Arbeitsteilung für ein muslimisches Land.
Ja, Marokko ist immer noch stark männlich geprägt. In unserem Laden sind wir Frauen zwar die Chefs – aber draußen zählt die Stimme eines Mannes mehr. Die Männer, die für uns arbeiten, tun sich manchmal schwer, Anweisungen von einer Frau zu befolgen. Der männliche Stolz ist schwer zu unterdrücken.
Und dann?
Muss derjenige sich eben einen neuen Job suchen. Ich habe in den USA studiert und lasse mir – verzeihen Sie die Ausdrucksweise – keine Macho-Scheiße mehr bieten. Meine Schwestern und ich sind so erzogen worden, das wollen wir weitergeben. Die meisten Mädchen, die wir einstellen, können kaum schreiben. Trotzdem geben wir ihnen die Freiheit, eigenes Geld zu verdienen. Wir sagen ihnen: Du hast einen Job, du bist unabhängig – wenn du ins Badehaus willst, musst du nicht deinen Mann um die fünf Dirham Eintrittsgeld bitten.
»Restaurant Al Fassia«, 55, Boulevard Zerktouni, 40 000 Marrakesch, Marokko, Tel. 00212/ 524/43 40 60
www.alfassia.com
ENTPINKT UND UMGEBAUT
Zwei Frauen, ein eigener Club - und endlich Ruhe
Wenn Natascha Kubsch im vollgepackten Club einen Bierkasten über die Köpfe stemmt, hört sie immer wieder diesen Spruch: »Dein Chef soll gefälligst keine Mädchen Kästen schleppen lassen!« Dann grinst Natascha. Ihr Chef, das ist sie selbst. Mit ihrer Freundin
Valerie Engel betreibt sie einen Club in der Münchner Altstadt, den man dort, fünf Porschelängen von der Maximilianstraße, eher nicht erwartet: niedriges Gewölbe, Edding-Gekrakel am DJ-Pult, Hip-Hop, Extremsportvideos. Andererseits passt er zu seinen Chefs: Natascha hat tätowierte Arme, Valerie trägt Baggyjeans. Kennengelernt haben sie sich auf dem Skateplatz. Später machte Valerie eine Ausbildung im »Bayerischen Hof« in München, Natascha einen Trip durch Kanada. Als sie sich wiedertrafen, hatte Valerie genug von brüllenden Küchenchefs – und Natascha träumte von einer kanadischen Sportsbar. Sie fanden einen leeren Club, übermalten die pinkfarbenen Wände, rissen die Küche heraus und schraubten Holzpaneele an die Wand – natürlich alles von Hand.
»Rausch & Töchter«, Falkenturmstraße 8, 80331 München, Tel. 089/ 88 90 70 80
www.rauschundtoechter.de
Zimmer frei
ZIMMER FREI
Urlaub als Mädelsabend: eine charmante Pension in Salzburg
Als Bettina Wiesinger 1997 mit 24 Jahren den Plan fasste, die Pension ihrer Großmutter zum Stadthotel umzubauen, wollte sie mit Menschen zu tun haben, die sie schon kannte. Und sie kannte eben sehr viele Frauen. Sandra Aigner zum Beispiel, die
die Zimmer ausstattete, ist ihre alte Schulfreundin. Und mit Helga Seyffertitz, der Geschäftsführerin, war sie zusammen auf der Hotelfachschule. Nun ist Bettina Wiesinger zwar die Chefin, doch wer das Hotel besucht, spürt: Hier machen Freundinnen gemeinsame Sache. Helga Seyffertitz näht in ihrer Freizeit Kissen für die Terrasse, die Hotelmanagerin Sabine Glas schneidet morgens Blumen für die Tische und versteckt am Ostersonntag Eier für die Kinder. Von 30 Mitarbeitern sind 23 Frauen.
In der Familie von Bettina Wiesinger erben die Frauen offenbar ein Gastronomie-Gen: Ihre Großmutter baute die Gründerzeitvilla in den Sechzigern auf eigene Faust in die Pension »Auersperg« um, und ihre Schwes-ter Evelyn Ikrath führt in Bad Gastein
die Hotels »Haus Hirt« und »Miramonte«. Männer sind trotzdem erwünscht. Einer steht beispielsweise hinter der Bar und mixt die Getränke. Bettina Wiesinger selbst hat auch einen Großteil zur Männer-Quote im Haus beigetragen: drei Söhne, der älteste ist allerdings erst neun.
»Hotel Auersperg«, Auerspergstraße 61, 5020 Salzburg, Österreich, Tel. 0043/662/889 44-0
www.auersperg.at
NOCH EIN ZIMMER FREI
Im Cornwall führen drei Schwestern ihr Traumhotel
Emma, Debbie und Rebecca führen ein Hotel, das eigentlich nicht funktionieren dürfte – ginge es nach Experten. Als es die drei Schwestern planten, schüttelten Fachleute die Köpfe: ein Hotel ohne Rezeption? Ein Schwimmbecken mit Wasserfilter aus Schilfrohr? Ein Ruheraum, in dem Kokons voller Kissen von der Decke hängen? Unpraktisch, unbezahlbar – die Hirngespinste von Frauen, die sich besser mal eine In-
genieurin und eine Ökonomin ins Team geholt hätten. Aber Emma, Debbie und Rebecca wollten ein Hotel, das Luxus dezent dosiert. Handtuchberge, passive Knetstunden im Massageraum, überbordende Buffets – alles Pomp von vorgestern. Wer heute das »Scarlet« betritt, fühlt sich, als könne er schon in der Lobby die Schuhe abstreifen und sich in eines der bunten Sofas werfen. Und die Rezeption? Ersetzt ein Sensor, der wie von Zauberhand einen Angestellten herbeiruft. Unpraktisch? Von wegen: sehr ökonomisch.
»Scarlet Hotel«, Mawgan Porth, England, Tel. 0044/1637/ 86 18 00
www.scarlethotel.co.uk
Fotos: Robert Brembeck, Roberto Frankenberg, Basil Stücherli