Sind Animal Collective wirklich die beste Band der Welt?

Eine kritische Erörterung, anlässlich des neuen Albums »Merriweather Post Pavillion«.

Foto: Domino Records

Laut Taz steht die Platte des Jahres schon in der zweiten Januarwoche fest, und sie kommt von der "wichtigsten Band der Welt". Auch die anderen Rezensionen des neuen Animal-Collective-Albums, die ich gelesen habe, waren durchweg positiv. Das hat in mir den Reflex geweckt, erstmal das Gegenteil zu behaupten, aber dieser Vorsatz hielt nur so lange, bis ich Merriweather Post Pavillion (Domino) selbst gehört hatte. Tolle Platte! Besonders gut gefällt mir, dass sich die Modernität dieses Albums auf Anhieb erschließt, ohne dass man ihr mühsam hinterhertheoretisieren müsste. Es sind keine schrillen, neutönenden Sounds, mit denen hier operiert wurde, und auch keine schroffen Kompositionsstrukturen; dennoch entsteht radikal neue Musik, die quasi nebenbei ein eigenes Konzept von Schönheit entwickelt.

Ich bin der Meinung, dass Freiheit oft gerade im rigiden Festhalten an einer bestimmten Form – zum Beispiel dem Blues – liegt. Da würde ich von Animal Collective wohl Widerspruch ernten: Bei ihnen ist nichts vorhersehbar, nicht mal der Takt der Stücke. Klänge unklaren Ursprungs schwirren umher, Chormelodien verhaken sich ineinander, plötzlich ertönen Umweltgeräusche. Psychedelik? Dub? Avantgarde? Mir fehlen die Worte, zum Glück kann man hier, beim australischen Arm der Plattenfirma, in das Album reinhören.

Trotzdem noch zwei kleinere Kritikpunkte: Zum einen finde ich, dass der gedankliche Horizont der Platte weiter ist als der klangliche. Animal Collective arbeiten viel mit Sampling, sie samplen auch selbst eingespielte Riffs, und ich habe den Eindruck, dass dieser Verarbeitungsprozess dem Sound nicht zuträglich ist. Jedenfalls klingt die Platte oft ein bisschen matschig, und statt breit und energisch zu ballern, so wie im Dub, werden die verschiedenen Stimmen durch eine relativ enge Röhre gepresst. Könnte natürlich auch Absicht sein, ich glaube es aber nicht.

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Zum andern der Gesang. Auf dieser Platte wird sehr viel gesungen – aber es ist fast unmöglich, die Worte zu verstehen. Selbst als ich mich konzentriert vor die Lautsprecher gesetzt habe, konnte ich allenfalls Fetzen vernehmen, und so schlecht Englisch spreche ich nun auch wieder nicht. Klar, das ist ein Stilmittel, uneigentliches Sprechen und so, aber ich finde, diese Platte hätte noch besser in die Zeit gepasst, wenn Animal Collective sich nicht davor gescheut hätten, in ihren Texten irgendetwas beim Namen zu nennen.

Konzerte von Animal Collective:
18. Januar – Berlin, Postbahnhof
8. März – Köln, Gloria
9. März – Heidelberg, Karlstor-Bahnhof