Gitarre ja, Turnbeutel nein

Eine Forscherin behauptet, die vier Eigenschaften zu kennen, die Menschen attraktiv erscheinen lassen. Welche sind das und wie lassen sie sich für maximalen Effekt kombinieren?

Die Sozialpsychologin Madeleine A. Fugère von der Eastern Connecticut State University hat zusammengefasst, welche vier Eigenschaften Menschen sexuell attraktiv machen. Dies ist besonders hilfreich in einer Zeit, in der eine gewisse Verwirrung über dieses Thema herrscht. Spoiler vorab: Die Eigenschaft »Ich habe Macht über dich, daher bin ich sexy, beziehungsweise, auch egal, wenn ich es nicht bin« gehört nicht zum Kanon der großen Vier. Stattdessen, so die Beziehungsforscherin: Selbstlosigkeit, Unvertrautheit, Kreativität und Offenheit. Das klingt wie der Voraussetzungskanon für die Teilnahme am Filzkurs des Spendenbasars, also schauen wir uns das kurz näher an.

Untersuchungen zufolge macht Selbstlosigkeit sexy, weil dieses Verhalten signalisiert, dass man geeignet ist, sich um Nachwuchs zu kümmern und über »gute Gene« (Fugère) verfügt. Weil man sich nicht allein um sich selbst kümmern muss, sondern stark genug ist, um noch Reserven für andere zu haben. Auch eine gewisse Fremdheit oder Unvertrautheit ist womöglich aus genetischen Gründen sexy: Wir finden Menschen anziehend, die ganz anders sind als wir, um den Genpool zu erweitern. Kreativität signalisiert angeblich Intelligenz, und mit Offenheit meinen die Forscher vor allem eine »offene Körperhaltung«: Sie soll Dominanz, aber auch die Bereitschaft signalisieren, Ressourcen zu teilen.

Insbesondere beim letzten Punkt gibt es viele Missverständnisse. Mit Offenheit ist nicht die Offenheit des Bademantels beim Vorstellungsgespräch gemeint, und die Ressource, die es zu teilen geht, befindet sich nicht in der Körpermitte. Auch breitbeiniges U-Bahnsitzen ist nicht mit »offener Körperhaltung« gemeint.

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Wie aber kann man die begehrten vier Eigenschaften möglichst wirkungsvoll miteinander kombinieren? Tatsächlich haben Forscher herausgefunden, dass Männer, die einen Gitarrenkoffer bei sich tragen, größere Chancen haben, die Telefonnummer einer Frau zu bekommen, als solche, die einen Turnbeutel oder gar nichts dabei haben. Ideal wäre es also, mit einem Gitarrenkoffer und unverschränkten Armen vor Leuten, die eine nicht kennen, älteren Mitmenschen über die Straße zu helfen. Boom, alle vier Häkchen gesetzt! Übrigens ist es egal, ob wirklich eine Gitarre im Koffer ist. Das macht die Sache noch »leichter«. In diesem Kontext wird auch klar, warum man sich für gesteigerte Sexiness möglichst unter Fremden bewegen sollte. Bekannte könnten rufen »Seit wann spielst du Gitarre? Kannst du schon das Intro von ›Stairway To Heaven‹?« oder »Junge, du hast deinen Turnbeutel vergessen!«

Millionen Menschen begeben sich daher regelmäßig unter dem Deckmäntelchen des Tourismus in die Fremde, um so ihre Attraktivität zu steigern. Allerdings machen sie oft den Fehler, Familienmitglieder mitzuführen oder sich vor Ort alles andere als selbstlos und offen zu präsentieren. Obwohl sie scheinbar Kreativität und Unvertrautheit kombiniert, hat sich jedoch auch die von vielen Reiseveranstaltern angebotene »Kreativreise« nicht als Sexy-Booster bewährt. Insbesondere dann nicht, sobald man anfängt, im Nachinein quälend ausführlich vom Musical-Workshop in der Toskana zu erzählen.

Insgesamt würde es vermutlich völlig ausreichen, die großen Vier zu erfüllen, indem man ganz nett, nicht so distanzlos unvertraulich und trotzdem aufgeschlossen ist. Es klingt so schwierig, wie es ist. Man wäre dadurch jedenfalls durchaus was Besonderes.

Anmerkung: In der Originalstudie »Men's musical ability and attractiveness to women in a real-life courtship context« ist laut Fugère von »gym bag« die Rede. Das hätte man auch mit »Sporttasche« übersetzen können, aber »Turnbeutel« ist viel schöner und soll daher von nun an insgesamt für die Tragebehältnisse aller Fitnessstudio-Besucherinnen und -Besucher gelten; zumindest an diesem Ort.

Foto: serejkakovalev/fotolia.de