Ist das Schmutz oder dein Schnurrbart?

Sorry, Nikolaus und einstige Berlin-Hipster: Der Vollbart ist out. 2024 hat andere Trends in Sachen Gesichtsbehaarung sprießen lassen: den Flaum, die fiese Borste und die sportliche Ziege.

Von zart bis Ziege: Timothée Chalamet, Markus Söder und Virgil van Dijk haben mit ihren Bärten das Jahr geprägt. 

Foto: Getty Images, Instagram, Instagram (eigene Bearbeitung)

Der Zarte

Wenn schwacher Bartwuchs zum Wettbewerbsvorteil wird: Timothée Chalamet mit Flaum.

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Vielleicht sollten sich Ökonomen statt der alten, eher flatterhaften Rocksaumtheorie (je besser die Zeiten, desto kürzer die Röcke) mal den Bartwuchs als Maßstab vornehmen. Der Hipster-Vollbart breitete sich von Berlin-Mitte über ganz Deutschland parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung der Zehnerjahre aus. In der Pandemie franste die Behaarung unkontrolliert aus, danach leitete ein dichter 80er-Jahre-Schnauzer noch mal kurz die fetten Nachholjahre ein. Aber zuletzt dümpelte die allgemeine Konsumlaune dahin und auch die neue Bartmode zeigt sich deutlich ausgedünnt.

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»Dirtbag-Moustache« heißt der Trend, der im Deutschen noch kein adäquat schmissiges Pendant hat (Drecksack-Schnurri? Abschaum-Flaum?). Jedenfalls erinnert er an harmlose Jugendliche, wird aber von Typen getragen, die alles andere als niedlich oder glattgetrimmt aussehen wollen: Harry Styles, A$AP Rocky und dem neuen Freund von Miley Cyrus Maxx Morando. Die paar Härchen auf der Oberlippe sollen betont nachlässig, kernig, gern auch ein bisschen prollig daherkommen und werden deshalb vorzugsweise in Kombination mit dem seitlich ausrasierten, angedeuteten Vokuhila getragen – siehe Paul Mescal. Wurde ein richtiger Schnauzer früher etwas brachial »Rotzbremse« genannt, ist diese Version vor allem eine Grätsche gegen Geradlinigkeit. Sogar Timothée Chalamet, von buschigeren Versionen naturgemäß ausgeschlossen, macht hochmotiviert mit, Jacob Elordi dagegen ist bereits zu einem anderen Lager gewechselt.

Wird getragen von: Paul Mescal, Timothée Chalamet, Harry Styles
Passt zu: Männern mit überschaubarem Bartwuchs

Der Königliche

Irgendwer muss Markus Söder in der Sommerpause erzählt haben, dass dieser etwas onkelige Rundbart um den Mund in prätentiösen Kreisen »Henriquatre« genannt wird. Königlich! Mit Herz und Haar fürs Volk! Jedenfalls präsentierte Söder sich Mitte August erstmals mit diesem Bart und fragte seine Follower: »Gefällt euch der Sommerbart oder lieber glatt rasiert?« Und da Söder ja stets auf Wählerstimmen hört, blieb das Umstyling von Dauer. Wie sich das Gesichtshaar mit seiner kulinarischen Leidenschaft #soederisst verträgt? Bissl Puderzucker, Bratfett und Bierschaum bleibt da bisweilen in den Barthaaren hängen. Aber was tut man nicht alles für sein Land.

Wird getragen von: Markus Söder, Stromberg, Tony Starck
Passt zu: Männern eines gewissen Alters

Der Ungezähmte

Jacob Elordi ist aus seinem Flaum rausgewachsen. 

Foto: Getty Images

Bei Weihnachtsmännern kommt er nie aus der Mode, ansonsten hat der Vollbart gerade weitgehend modische Pause. Eigentlich. Doch nach der erneuten Trennung von Jennifer Lopez zeigte sich Ben Affleck plötzlich mit auffällig viel Barthaar. Die Boulevard-Presse war sofort alarmiert. Lässt er sich gehen? Ist das sein »Break-Up-Look«, so wie Frauen sich für den Neuanfang angeblich eine andere Frisur zulegen? Was bei diesem Mann gern vergessen wird: Abgesehen von seinen Aktivitäten als Vater, Ex- und Ehemann ist er auch noch Produzent und Schauspieler. Sein Freund und neuerdings ebenfalls Vollbart tragender Kollege Matt Damon verriet vor kurzem, dass sie den Bart für ihren neuen Netflix-Film »RIP« wuchern lassen. Der Krimi spielt in Miami, eher kein Vollbart-Pflaster, ansonsten sind Plot und Ästhetik noch streng geheim.

Letzte Woche wurde nun auch Jacob Elordi, eigentlich Vorreiter der Dirtbag-Flaum-Bewegung, mit neuem Vollbart gesichtet, was von der weiblichen Welt ungefähr so bestürzt aufgenommen wurde wie David Beckhams Buzzcut anno 2000. Das Magazin The Cut widmete dem Wildwuchs gar einen ganzen Text. Aussage: Endlich ist dieser Typ mal nicht so unerhört attraktiv.

Wird getragen von: Ben Affleck, Jacob Elordi, Jason Kelce
Passt zu: Männern, die im Winter im Gesicht leicht frieren

Der Ausscherer

Sind das etwa kleine Widerborsten? Christian Lindner Anfang Dezember. 

Foto: dpa

Wer früher unrasiert ins Büro kam, signalisierte, ein bis drei lange Nächte gehabt zu haben oder sonstwie ein bisschen von der Rolle zu sein. Mittlerweile ist ein Drei-Tage-Bart ungefähr so rebellisch wie Burger mit extra Käse bestellen – es sei denn man heißt Christian Lindner und hat gerade maßgeblich zum Scheitern der Ampel beigetragen. Hat sein sauber verlegter Ein-Zentimeter-Bart nicht etwas Wolf-im-Schafspelziges? Sind das in Wahrheit nicht doch alles kleine Widerborsten? Laut Bunte ist Lindner mit seinem Gesichts- und transplantiertem Kopfhaar Deutschlands bestaussehender Politiker, eine Information, die das Blatt weitgehend exklusiv hat. Mal sehen, wie sich der Bart mit seiner nächsten Rolle als Vater veträgt: Prince William, der seit kurzem ebenfalls etwas mehr Bart trägt, verriet, dass Prinzessin Charlotte beim Anblick all der Haare im Gesicht erst einmal losheulte.

Wird getragen von: Christian Lindner, Prince William
Passt zu: Männern, die betont »handsome« sein, aber auch mal männlich tun wollen

Die Ziege

Ziegen, überall Ziegen: Virgil van Dijk, Conor Bradley, Ryan Gravenberch, Ibrahima Konaté, Darwin Núñez und Luis Fernando Diaz: Der halbe FC Liverpool trägt jetzt »Goatee«, also ein Büschel Haare am unteren Kinn plus ein bisschen was auf der Oberlippe. Ob das den Teamgeist auf dem Rasen stärkt oder der Club-Barbier im Dutzend billiger kommt, ist leider nicht bekannt. Andererseits trägt auch Leroy Sané vom FC Bayern München schon länger diese Bart-Variante. Laut Experten ist sie besonders zeitlos, aber da scheren sich Fußballer ja sonst auch nicht drum. Vielleicht ist es doch eher die buchstäbliche Ähnlichkeit zum Prädikat GOAT (greatest of all time). In jedem Fall gut als eine Art selbst gezüchteter Sturzschutz fürs Kinn, wenn einen ein anderer Ziegenbock auf dem Feld umgrätscht.

Wird getragen von: auffällig vielen Fußballern
Passt zu: allen Männern mit Rasenkontakt