Des Kaisers neue Kleider

Meta-Chef Mark Zuckerberg, der früher immer einfarbige T-Shirts trug, entwirft plötzlich selbst Mode – mit lateinischen Sinnsprüchen, die ihn mit römischen Caesaren vergleichen. Ist das noch lustig oder sind das schon Allmachtsphantasien?

Mark Zuckerberg - oder auf Lateinisch: Marcus Saccharum Mons – trug auf der Meta-Connect-Konferenz am 25. September in Menlo Park, Kalifornien, ein T-Shirt mit der lateinischen Aufschrift »Aut Zuck, aut nihil«, was so viel bedeutet wie »Entweder Zuck oder gar nichts.«

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Schon irre, wie hartnäckig sich Slogan-T-Shirts halten. Mit nichts trägt man eine Botschaft dermaßen plakativ vor sich her, analoges Textil schlägt digitale Tweets. Der neueste Sprücheträger ist Mark Zuckerberg, ausgerechnet jener Mann also, der bis vor kurzem ausschließlich einfarbige, nicht beschriftete T-Shirts trug. Zur Meta-Connect-Konferenz diese Woche erschien der Konzern-Chef allerdings weder mit »I told ya« noch »Boss« oder »Californication«, sondern »Aut Zuck, aut nihil.« In riesigen Buchstaben, T-Shirt-Größe XXL.

Wer in der Schule nie in den Genuss von Latein und Büchern wie Adeamus! kam: Die Aussage geht höchstwahrscheinlich auf Julius Cäsar zurück, der damit seinen ultimativen Anspruch auf die Macht formulierte. Entweder ich oder gar nichts. Alles oder nichts. In diesem Fall dann wohl: »Entweder Zuck oder gar nichts.« Allmachtsphantasien, anyone?

Sich so ganz demonstrativ auf der CEO-Brust mit einem römischen Diktator zu vergleichen, ist womöglich als schlechter Scherz gemeint. Der Facebook-Gründer generierte sich früher eher als bescheidenes Genie, das nur der friedlichen sozialen Vernetzung wegen die Vorherrschaft im Netz anstrebte. Dann kam ihm der Skandal um Cambridge Analytica dazwischen. Facebook hatte massenhaft Nutzerdaten weitergegeben, womöglich dem »Badass« Donald Trump (O-Ton Zuckerberg) zum Wahlsieg verholfen. Er machte damals, talgig und blass mit Anzug, keine gute Figur vor dem Kongress.

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Zuletzt trug er ein Shirt mit dem altgriechischen Aufschrift »Wissen durch Leiden«

Davon hat sich sein Konzern mittlerweile erholt und Zuckerberg ganz offensichtlich auch. Wer ihm auf Instagram folgt, durfte in den letzten Jahren dabei zuschauen, wie der Stoff hulkmäßig immer deutlicher über Bauchmuskeln und Bizeps spannte. Er nahm an der knallharten »Murph Challenge« teil, machte Jiu Jitsu, Mixed Martial Arts. Eher kein Ausgleichsport, sondern gleich mal Profi-Liga. Alles oder nichts.

Zuletzt änderte sich auch die Kleidung über dem transformierten Körper: Zur Hochzeit des indischen Milliardärssohn Anant Ambani trug er einen Anzug von Alexander McQueen und soll dort eine Luxusuhr für knapp 100.000 Dollar (die »De Bethune DB25 Starry Varius«) wie folgt bewundert haben: »Weißt du, ich wollte eigentlich nie eine Uhr, aber nachdem ich das hier gesehen habe, dachte ich: Uhren sind cool!« Jetzt weiß man endlich mal, auf welchem Level Superreiche ihre Kaufentscheidungen treffen. Neulich trug er selbst so eine.

Warum auch ewig als graue Programmiermaus rumlaufen, wenn es da draußen so viel cooles Zeug gibt? Und Jeff Bezos modisch ebenfalls voll aufdreht? Nur die Haare sind nicht mehr Cäsar-like kurz, sondern betont lässig-lockig, er trägt jetzt Männerkette und leichten Teint.

Der alte Silicon-Valley-Look: Jahrelang trug Marc Zuckerberg nur die immer gleichen, einfarbigen T-Shirts. 

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Nun also auch noch Slogan-T-Shirts. Kurz zuvor hatte Zuckerberg bei einer Podcast-Aufzeichnung bereits ein anderes T-Shirt getragen mit den altgriechischen Lettern Pathei Mathos – »Wissen durch Leiden«. Zu seinem 40. Geburtstag im Mai war es »Carthago delenda est« – Karthago muss zerstört werden (Dritter Punischer Krieg). Entworfen hat er sie offenbar selbst mit freundlicher Unterstützung des amerikanisch-iranischen Designers Mike Amiri, mit dem er noch weitere Designs plant. In besagtem Podcast sagte Zuckerberg: »Wir werden bald Brillen entwerfen und andere Sachen, die die Leute tragen werden – also dachte ich mir, lasst uns gut darin werden!«

Es gibt ja übrigens immer noch die Möglichkeit, Designer zu beauftragen, die sich damit auskennen, aber psychologisch interessant ist die Sammeledition seiner liebsten Sinnsprüche natürlich schon. Zuckerberg ist bekennender Fan des alten Rom, nach Rom ging auch die Hochzeitsreise, eine seiner Töchter heißt August, als er neulich auf Instagram das neue Meta-AI-Feature vorstellte, mit dem man sein Foto in alle möglichen Charaktere verwandeln kann, fragte er die KI als erstes: »Imagine me as a gladiator!«

Offensichtlich erklärt Zuckerberg seine frugalen, leidvollen Lehrjahre endgültig für beendet und sieht sich mit 40 nun in der Blüte seiner (Allein)-Herrschaft? Das Dumme ist nur, während früher im alten, unvernetzten Rom die Untertanen kein wirkliches Forum hatten, können sie mit Social Media nun zu allem Widerworte geben. Als das T-Shirt »Entweder Zuck oder gar nichts« im Netz die Runde machte, schrieben einige Nutzer sofort: »Ich nehme dann nichts, danke.«

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Typischer Instagram-Kommentar: »Quo vadis, Zuck?«
Passender Film: »Gladiator II«