Finde den Fehler: Zwei Cover, zwei Frauen, zwei fast identische Aufmachungen – aber dazwischen versteckt sich ein Accessoire, das eigentlich nicht in die Welt der Mode gehört. Spoileralert: die Kaffeedeckel-Ohrringe sind es nicht.
Die portugiesische Vogue hat ihre aktuelle Augustausgabe tatsächlich mit diesen zwei Titelbildern veröffentlicht. Geplant war eigentlich nur das russische Model Irina Shayk, Ex-Freundin von Cristiano Ronaldo und Bradley Cooper. Dazu sollte ein Video mit der australischen Komikerin Celeste Barber gedreht werden, die berühmt dafür ist, Models und Stars zu parodieren, in dem sie ihre oft hanebüchenen Posen nachstellt – mit ihrem nicht ganz so dünnen Körper und weniger glamourösen Accessoires. Die Ergebnisse sind meistens irre komisch, der Instagram-Account der 37-Jährigen hat mittlerweile über fünf Millionen Follower, der Designer Tom Ford ist erklärter Fan. Und natürlich waren auch die Shayk-Nachahmungen von Barber wieder so gut, dass die portugiesische Vogue kurzerhand beschloss: Die Frau verdient ihr eigenes Cover. Das neue Accessoire ist der Humor.
Womöglich haben die Mitarbeiter in der Druckerei noch mal kurz nachgefragt, bevor sie die Presse angeschmissen haben: Denn weder sind »normale Frauen« wie Barber klassisches Vogue-Material noch irgendeine Form der Satire. Sich über sich selbst lustig machen, mitten auf dem Cover – das ist tatsächlich »breaking news«.
Reden wir also über Humor in der Mode. Gibt’s den, wie das alte Vorurteil lautet, wirklich nicht? Sicher gibt’s den, von Kate Moss und Naomi Campbell existieren jede Menge Party-Bilder, auf denen sie sich halb schlapplachen, der Hair-Stylist Sam McKnight gehört zu den lustigsten Menschen der Branche, die halbe Designergarde wollte unbedingt bei den „Zoolander“-Persiflagen von Ben Stiller dabei sein. In den Neunzigern lief sogar Claudia Schiffer mal mit breitem Lächeln über den Laufsteg von Chanel. Aber nach außen hin wird auf Hochglanzseiten und Laufstegen traditionell immer noch wenig gelächelt. Das Streben nach Perfektion ist schließlich eine ernste (und anstrengende) Angelegenheit. Irgendwo soll hier immer noch eine Idee von Noblesse und aristokratischer Blasiertheit transportiert werden wie zu Beginn von Modemagazinen Anfang des 20. Jahrhunderts.
Wie glamourös das dann objektiv rüberkommt, zeigte 2015 ein Experiment der spanischen Künstlerin Yolanda Dominguez. Sie ließ Achtjährige die Posen von Models in Modekampagnen interpretieren: In den meisten Fällen sahen die Frauen für die Kinder »ängstlich«, »traurig«, »hungrig« aus oder als bräuchten sie dringend die »Hausapotheke«.
Doch in Zeiten, in denen sich das Angebot der Luxusbranche wandelt – statt dem kleinen Schwarzen sind eher Sneaker und Hoodies die Bestseller – findet die Mode womöglich auch eine neue, modernere Sprache. Ausgerechnet Victoria Beckham spielt immer wieder mit dem Vorurteil, sie verstehe keinen Spaß, setzte sich für Juergen Teller in eine Marc Jacobs Tüte, trug ein T-Shirt mit »Fashion stole my smile«. Seit Jeremy Scott für Moschino entwirft, ist jede Modenschau wieder eine einzige Parodie. Gucci sorgte vergangenes Jahr mit einer Uhren-Kampagne auf Instagram für Aufsehen, weil sie sich mit Memes selbst auf die Schüppe nahm. Das Echo fiel nicht nur positiv aus. Den Luxus muss man sich erst mal leisten können.
Auch bei den Magazinen hat sich – zwangsweise – einiges getan. Seit Blogs und Instagram Accounts wie Diet Prada mit Humor und leichterer Ansprache Leser abziehen und die Auflagen immer weiter sinken, setzt sich sogar Anna Wintour regelmäßig vor die Kamera und beantwortet in »Ask Anna« Fragen von Leuten auf der Straße, nicht unlustig übrigens. Der Instagram-Account der neuen amerikanischen Chefredakteurin Laura Brown hat auch deshalb so viele Follower, weil sie sich selbst nicht allzu ernst nimmt.
So mutig wie die portugiesische Vogue hat sich allerdings noch kein Titel präsentiert. Man könnte auch sagen: So normal. Bislang fallen die Reaktionen überwältigend positiv aus. Auch Irina Shayk postete auf ihrem Instagram-Account: »Who wore it better? Celeste Barber zeigt uns, wie es geht!« Vielleicht fängt jetzt an, was immer gepredigt wird: Mode soll Spaß machen.
Typischer Instagram-Kommentar: »Den Pulli links find ich aber schöner«
Das sagt die Brigitte-Leserin: »Macht die Vogue jetzt auch diese Vorher-Nachher-Shootings?«
Passender Song: »She’s got the look« (Roxanne)