Als Donald Trump seiner Familie die London-Reise verkündete, dürfte das Grübeln zu zwei großen Fragen eingesetzt haben: Wie bekomme ich möglichst viele Fotos mit den beliebten Familienmitgliedern der Königsfamilie für meinen Social-Media-Auftritt? Und was ziehe ich an?
Der Arbeitsauftrag für zweitere Herausforderung war klar: Assimilation. Nach unrühmlichen Aussagen Donald Trumps über sowohl Prinzessin Diana, Herzogin Catherine und Herzogin Meghan in der (teils näheren) Vergangenheit und dem modischen Rüpelverhalten Melania Trumps bei anderen Auslandsreisen (der Zara-Parka und das Kolonial-Outfit in Afrika), galt es beim London-Besuch vor allem zu gefallen und nicht erneut anzuecken.
Doch Donald Trump wäre nicht Donald Trump, wenn er nicht trotz aller guten Absichten über ein paar Etiketten rumpeln würde. Beim Staatsbankett im Buckingham Palace sorgte er mit einem allzu vertrauten Rückentätscheln der Queen dafür, dass diese not amused war – und auch seine eigenartige Frack-Kombination mit zu kurzer Jacke und zu langer Weste entsprach nicht ganz der Paradeausführung des für Trump offensichtlich ungewohnten White-Tie-Dresscodes (und zog erwartungsgemäß einigen Internet-Spott nach sich). Well, he tried.
Etwas besser lief es bei den Frauen seiner Familie. Melania Trump nahm das Modethema »England« so ernst, dass sie schon zur Abreise in Washington ein mit Motiven von Big Ben und Doppeldeckerbussen bedrucktes Hemdblusenkleid von Gucci wählte. Bei der Ankunft in London verließ sie die Air Force One in einer gemusterten Schluppenbluse von Burberry, dem vielleicht britischten aller Modelabels, und einem Kostüm des amerikanischen Designers Michael Kors – wenn das keine textile Versinnbildlichung der britisch-amerikanischen Freundschaft ist. Und gestern erschien sie zum Dinner im Winfield House gar in einem purpurroten Cape-Kleid von Givenchy – dem Modehaus, dessen Kollektionen von der britischen Designerin Clare Waight Keller designt werden, die sich unter anderem auch für das Brautkleid von Meghan Markle verantwortlich zeigte.
Und auch Ivanka Trump trug brav ein paar lokale Designernamen zur Schau. Ein Burberry-Ensemble aus gepunktetem Faltenrock und Schluppenbluse zum Meeting mit Theresa May und ihrem Vater in der Downing Street 10, ein elegantes weißes Schößchen-Kostüm der in London ansässigen Alessandra Rich (die auch zu den Lieblingsdesignerinnen Herzogin Catherines zählt) zum Empfang im Buckingham Palace, dazu kombiniert: ein Fascinator des royalen Hutmachers Philip Treacy.
Und trotzdem: Der gesamte modische Aufzug der Trumps in London wirkt wie eine zu sehr am Moodboard im weißen Haus entworfene Idee von »Aristokratie und Glamour der alten Welt«. Auch wenn Melania Trump beim ersten royalen Fototermin faktisch gesehen ein ähnliches Outfit wie Camilla, Herzogin von Cornwall, trug (weißes, knielanges Kleid, Pumps, großer weißer Hut) wirkte dieses bei zweiterer ganz natürlich, bei Trump eher wie die sehr gewollte Stylisten-Interpretation von »Lady Di beim Pferderennen Anfang der 90er«. Ihre bodenlange Dior-Robe beim Staatsbankett, gepaart mit ellbogenlangen weißen Handschuhen sieht eher nach Eiskunstlauf als Adel aus und auch der Fascinator ihrer Stieftochter wirkt eher so, als habe sie die Schlafmaske vom Transatlantikflug auf ihrem Kopf vergessen.
Ähnlich umaristokratisch gestaltet sich auch die mediale Selbstinszenierung des Trumpschen Ausflugs ins Königreich. Nahezu jedes Familienmitglied postet fleißig Bilder aus den royalen Gefilden auf seinen sozialen Kanälen. »Magical night at Buckingham Palace with my best friend! ♥️«, schrieb etwa Ivanka unter ein Bild von sich und Ehemann Jared Kushner; Donald Trumps Video zum #USStateVisit, welches er ganz oben an seine Twitter-Timeline angeheftet hat, gleicht einem Filmtrailer aus Hollywood. Mit royaler Zurückhaltung hat das wenig zu tun.
Es mag tatsächliche Parallelen geben im Leben der Windsors und der Trumps. Beides sind wohlhabende Familien, die in palastartigen, weißen Gebäuden wohnen und deren Verortung an ihren jeweils privilegierten Wirkungsstätten im Jahr 2019 nicht ganz real und eher wie ein (schlechtes) Märchen erscheint. Doch zwischen ihnen liegen gesellschaftliche Gräben, die auch ein Prinzessinnenkleid nicht überwindet. Für den Versuch und diese herrlich skurrilen Bilder, die dabei entstanden sind, sind wir allerdings trotzdem schon jetzt dankbar.
Wird getragen von: Eiskunstläuferinnen, Audrey Hepburn in My Fair Lady, dem Denver Clan
Wird getragen mit: Fascinator, Teetasse, Corgi