Je oller, je doller

Hillary im Hippie-Mantel, Chelsea im Durchschnittslook: Früher kleideten sich junge Menschen originell, heute die Großeltern. Und die Clintons sind nicht die einzige Familie, in der die Alten modisch den Ton angeben.

Hippie-Hillary, Hurra. Die Frau, die im November zur ersten US-Präsidentin gewählt werden könnte, zeigt sich beim Spaziergang durch Manhattan im orientalisch bestickten Mantel, mit getönter Brille und Frau-von-Welt-Geste: ein göttliches Bild, voller interessanter Details. Begleitet wird Hillary von den Unsichtbars aus Lüdenscheid. Ach nein, das sind ja Bill, Chelsea und deren Ehemann - man fragt sich, wer hier die Oma ist.

Der Mantel ist eines von Hillary Clintons Lieblingsstücken. Gekauft hat sie ihn 2003 in Kabul, seitdem hat sie ihn schon zu zahlreichen öffentlichen Anlässen getragen. 2009 löste er sogar eine Mode-Debatte in der Huffington Post aus, dort wollte man von den Lesern wissen »too hippie or hip«? Wir sagen: beides. Und: gut so! Chelsea Clinton scheint ihrer Mutter zwar im Gesicht immer ähnlicher zu werden, in Sachen Mode waren die beiden aber nie soweit voneinander entfernt wie jetzt.

Ein derartiger Generationskonflikt lässt auch in einer anderen illustren Familien beobachten. Der junge Kunsthändler und Heidi-Klum-Freund Vito Schnabel eröffnete vor kurzem eine eigene Galerie im Nobelskiort St. Moritz und erschien zur Einweihungsfeier im Rentner-Komplettlook: Erdtöne, Stirn- und Bundfalten sowie eine Strickjacke, die ordentlich Raum für den Bierbauch lässt. Sein Vater hingegen, der Maler und Regisseur Julian Schnabel, kam gewohnt nonkonformistisch: ironischer Lokalpatriotismus-Pulli, Hut, farbbekleckste Boots und Plastiktüte. Herrlich.

Meistgelesen diese Woche:

Dem Clinton-Schnabel-Nachwuchs scheint so viel Individualität leider eher peinlich zu sein. Klar, Klecksschuhe und Blumenmäntel sind nicht jedermanns Anziehsache, aber deswegen muss man sich ja nicht gleich kleiden, als wolle man zum Bezirksparteitag der Jungen Union. Hillary Clinton und Schnabel Senior beweisen mit ihren Outfits nicht nur eigenen Stil, sondern vor allem innere Freiheit – mehr modisches Mir-doch-egal geht nicht. Wenn sogar die unter Dauerbeobachtung und –beurteilung stehende Politikerin sich nicht um vermeintliche Mantelkritiker  schert, könnte sich dann die Tochter nicht auch etwas lockerer machen?

Wahrscheinlich ist es das alte Thema »Abgrenzung von den Eltern«, die bei aller sonstiger Konformität zumindest im Kleidungsstil sichtbar werden muss. Sorgen müssen wir uns nur um die Zukunft der jungen Kunst- und Politk-Elite machen. Deren vollständige Kashmiisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Den Omas und Opas gehört die Welt.

Nicht zu verwechseln mit:
Granny-Style
Kommentar von Vito zu Julian Schnabel: Putz dir mal die Schuhe, Papa! Das ist ja peinlich. 
Kommentar von Hillary zu Chelsea Clinton: Hakuna Matata
Soundtrack zum Look: The Mamas & Papas

Foto: Splash News / Corbis