Kooperationen mit Prominenten und Designstars gehören in der Mode zum guten Ton – selbst wenn die Bekleidungsanbieter manchmal wenig modisch sind. Michael Michalsky für Tchibo, Jette Joop für Aldi, Heidi Klum für Lidl: alles schon dagewesen. Seit einigen Monaten gibt es nun eine weitere »Collab«, bei der man sich zunächst an die Stirn fasst: »Engelbert Strauss x Metallica«.
Strauss ist ein inhabergeführter Anbieter für Workwear mit Sitz im hessischen Biebergemünd. Metallica ist eine der bekanntesten Bands der Welt. Eben noch waren die Mitglieder in feinen italienischen Maßanzügen steckend die Gesichter der Brioni-Werbung, schwupps prangt ihr Bandname auf saisonloser Arbeitsschutzbekleidung. Klingt nach modischem Abstieg? Nicht, was den Hipness-Faktor anbelangt.
Workwear, also (eigentliche) Arbeitskleidung, wird von den großen Designern alle paar Saisons als Inspiration aufgegriffen, am eindrücklichsten zuletzt bei Calvin Klein unter Raf Simons, der für letzten Herbst orangene Luxus-Warnjacken mit Reflektorenstreifen zeigte. Abseits des Laufstegs entwickelte sich derweil eine sehr viel demokratischere Adaption: Wer in tonangebenden, eher Streetwear-affinen Kreisen etwas auf sich hält, trägt nämlich statt der Luxus-Version von Vetements lieber das echte Shirt vom DHL-Boten, die echte Deliveroo-Regenjacke und den echten 50-Euro-Dad-Sneaker von Nike statt der Nobel-Interpretation von Balenciaga. Alles mit der nötigen Ironie, versteht sich. Und wer könnte – neben Dickies oder Carhartt, die ebenfalls aus dem Workwear-Bereich kommen – glaubwürdigere Cargohosen, Overalls und Utility-Jacken anbieten als der Experte Engelbert Strauss? Eben!
Daneben gibt es noch eine zweite modische Affinität bei trendbewussten Millennials: für Metal und seine Ästhetik. T-Shirts von Künstlern wie Slipknot, Korn (die erst ein absolutes State-of-the-Art-Musikvideo mit dem Regisseur Andzej Gavriss herausgebracht haben), Marilyn Manson oder eben Metallica, die zuletzt Ende der Neunziger Hochkonjunktur hatten, zählen gerade zu den begehrtesten Stücken in Secondhand-Läden von London bis Berlin. Besonders die dazugehörige grafische Sprache mit düsteren, oft Sci-Fi- oder cyberartigen Motiven steht bei Teilen der Generation Y und Z und Popstars wie Billie Eilish hoch im Kurs: Sie haben wenig Interesse an Romantik oder Beschönigung, lieber wollen sie Bewusstsein und Realität – und die hat im Schatten von Erderwärmung, Trump, Terror, Brexit und Co. durchaus etwas Apokalyptisches. Vermeintlich nerdige Hobbys wie Live Action Role Playing und E-Sport oder musikalische Präferenzen gelten nicht länger als uncool, sondern treffen den Nerv der Zeit.
»A match made in metal heaven«, heißt es in der Beschreibung zur Metallica-Kollektion auf der Engelbert-Strauss-Webseite. Ein gute Partie ist die Kooperation allemal, unter den Kunden des Anbieters befinden sich sicherlich einige Techniker und Bühnenbauer, die sich ohnehin mit der Metal-Band identifizieren können. Hinzu kommt aber eine ganz neue Zielgruppe. Am Donnerstag startet in Schleswig-Holstein zu 30. Mal das berühmte Metal-Festival Wacken. Dort werden sich bestimmt nicht nur an den Roadies ein paar Stücke der Kollektion erspähen lassen.
Wird getragen von: Bühnenbauern, Metall-Fans, Berliner Moderedakteurin, Billie Eilish, Demna Gvasalia
Wird getragen mit: langem Haar, einem langen Fingernagel, Cargo-Shorts, Magic-Kartenspiel
Trageanlass: Wacken, LAN-Party, Baustelle