Die weiße Wand war mal ein großes Freiheitsversprechen. Der Wohnballast ganzer Generationen – die Wandteppiche, die Tapeten, die alten Schinken – verschwand mit ihrem Triumphzug in den Dachkammern der Geschichte. Heute ist die weiße Wand nur noch bloße Geste, ein Ideal, das sich überlebt hat und nicht mehr Aufbruch und Tabula rasa signalisiert, sondern nur noch traurige Langeweile. Dabei ist jede Wand doch eine Leinwand, das Gesicht der Wohnung, ein Terrain also, das es endlich wieder zu entdecken gilt. Es fing mit dem Kunstboom der letzten Jahre an, der viele Einrichtungspuristen plötzlich zu Sammlern machte und Wohnzimmer in Privatgalerien verwandelte. Da wo vorher klinische Leere herrschte, prangt nun Nachwuchskunst in Petersburger Hängung. Auch feiert die Tapete derzeit eine kleine Renaissance. Zu ihrem Recht als Gestaltungselement aber kommt die Wand erst, wenn man sie nicht nur verhängt, sondern in Szene setzt. Zum Beispiel mit Wandlampen, die auch ausgeschaltet gut aussehen, oder mit Appliken, die keinen anderen Zweck verfolgen als einfach nur schön zu sein. Schmuck für die Wand – wer hätte gedacht, dass das mal eine Befreiung sein kann?
Strahlend schön
Einfach Tapeten auf die Mauer zu kleben ist in jeder Hinsicht zu flach. Ein Plädoyer für die geschmückte Wand.