#1 »Hunter« von Björk
Diesen Song habe ich das erste Mal mit zwölf Jahren gehört, kurz nachdem ich nach Deutschland gekommen bin. Eines Tages drückte mir der Drummer des Bandprojektes, an dem ich teilnahm, einen Packen CDs in die Hand. Die sollte ich mir anhören. Darunter war die Single von Björk. Sie hat mich als Künstlerin und als Frau vom ersten Moment an fasziniert. Diesen speziellen Song habe ich gewählt, weil er mich in meinem Glauben bestätigt, dass Frauen wie Wölfe sind – stark und ungebunden. Dieser Instinkt wird uns jedoch früh abtrainiert. Bereits im Kindergartenalter wird Mädchen suggeriert, sie müssten netter, geduldiger und ordentlicher sein als Jungs. Später in der Berufswelt verbiegen sich viele Frauen, um nicht zu aufdringlich oder gar zielstrebig zu wirken. »Hunter« erinnert mich daran, dass es noch so viel zu entdecken gibt.
#2 »Talkin' Bout A Revolution« von Tracy Chapman
Für mich ist Tracy Chapman eine wichtige weibliche Botschafterin, die sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Wenn ich darüber nachdenke, war sie schon immer mein Vorbild. Als ich meine ersten Alben aufgenommen habe, habe ich oft an sie gedacht und mich gefragt, wie sie diesen oder jenen Song umsetzen würde. »Talking bout a Revolution« ist mit seiner simplen, charakteristischen Melodie ein klassischer Pop-Song, der durch die Klarheit in ihrer Stimme bestimmt wird. Sie singt ganz unaufgeregt, schafft es aber trotzdem, eine starke Botschaft zu transportieren.
#3 »Anti Love Song« von Betty Davis
Betty Davis ist eine wilde, unbeugsame Frau, die sich nie in ihrem Stil oder ihrem Genre beeinflussen ließ. Ihr »Anti Love Song« spricht mir aus der Seele, weil ich ein großer Fan von ironischen Liebesgeschichten bin. Man könnte mit mir nie auf ein romantisches Date gehen – ich müsste die ganze Zeit lachen. Deshalb ist es mir in meinen Songs wichtig, dass sie nicht zu gefühlsgeschwängert sind. Im »Anti Love Song« begegnet Betty Davis Liebe mit einer ordentlichen Portion Ironie. Sie nimmt sich selbst nicht zu ernst, das gefällt mir.
#4 »Hold Up« von Beyoncé
Ich bin ein absoluter »Beehive«. Oft gehe ich Diskussionen mit Menschen ein, die Beyoncé nicht mögen oder schlecht über sie reden. Ich habe dann das Gefühl, ich müsste sie verteidigen. In »Hold Up« singt sie von Untreue und fragt, was in solch einer Situation schlimmer ist, eifersüchtig oder verrückt zu sein. Ich würde mich immer fürs Verrücktsein entscheiden. Es ist gesünder, eine Art des Ausdrucks zu finden und negative Gefühle wie Neid, Eifersucht und Angst nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Gerade Deutschland ist da ein sehr überreguliertes Land. Alles hat seinen Platz, seine Ordnung und seine Zeit. Dieses Anstauen von Emotionen entlädt sich dann zum Beispiel beim Autofahren. Wie wüst man teilweise beschimpft wird. Unglaublich.
#5 »Bulletproof Soul« von Sade
Ich finde, die größte Stärke beweist ein Mensch, indem er das tut, was ihm am meisten Angst macht. Das ist in meinen Augen, sich zu öffnen und Schwäche zu zeigen. Darin ist Sade eine Meisterin. Sie entblößt sich in ihrer Musik vollkommen. Das bewundere ich an ihr. »Bulletproof Soul« hat wie jeder ihrer Songs eine starke Aussage: Wenn man liebt, begibt man sich in eine Verletzlichkeit, aus der heraus man wiederum stärker wird. Das finde ich wunderschön.
#6 »DNA« von Kendrick Lamar
Ich wünschte, wir hätten einen vergleichbaren Künstler wie Kendrick Lamar in Deutschland. Wir hätten ihn bitter nötig. Jemand, der mal sagt, wie es wirklich ist. Nämlich, dass man sich als schwarzer Mensch in Deutschland nach wie vor doppelt beweisen muss. Wenn eine schwarze Sängerin gut singt, wird das damit begründet, dass sie es im Blut hat. Bei einer weißen Künstlerin wie Anastacia, die sehr soulig singt, flippen alle aus. Diese Problematik spricht Kendrick Lamar als schwarzer Rapper in »DNA« an. An einer Stelle singt er: » My DNA is not for imitation«. Diese Zeile bewegt mich in besonderer Weise, weil ich das Gefühl habe, schwarzen Künstlern wird weniger Freiraum für Fehler zugestanden. Wir werden mehr unter die Lupe genommen.
#7 »Maggie« von Y'akoto
Vor kurzem hatte ich ein Konzert in Zürich. Danach habe ich einen langen handgeschriebenen Brief von einer Frau bekommen, die an diesem Abend dort war. In dem Brief erzählt sie die Geschichte einer an Demenz erkrankten Frau namens Maggie, die sie betreut. Irgendwann spielte sie ihr meinen Song vor und jedes Mal, wenn der Name »Maggie« fiel, zeigte sich eine Regung auf dem Gesicht der Frau. Das hat mich sehr berührt. Ich habe das Gefühl, dass meine Musik so in den Geschichten anderer Menschen weiterlebt.