Auf diesem Bild trägt Shudu einen Lippenstift von Fenty. Die Marke teilte das Bild öffentlich auf ihrem Instagram-Account.
Das T-Shirt der Marke »Soulsky« hat Cameron James Wilson in 3D rekonstruiert.
Hier posiert Shudu zusammen mit dem Model Nfon Obong.
Die Kleider für Shudu hat Cameron James Wilson selbst designt.
Shudus Halskette ist inspiriert von einer Dior Werbung aus dem Jahr 1999.
Name: Cameron James Wilson
Alter: geboren am 16. Juli 1989 in Dorchester
Ausbildung: Studium an der »Arts University Bournemouth«
Wohnort: London
Website: http://adrenalinmanagement.com/photos/cameron-james-wilson/
SZ-Magazin: Was war die Inspiration für Sie, ein virtuelles Model zu erstellen?
Cameron James Willson: Ich habe ein Programm gefunden, mit dem man jede mögliche Person in einer virtuellen Software erstellen kann. Es ist ein wirklich gutes Programm, welches bis jetzt nur von Bastlern benutzt wird. Meine ursprüngliche Inspiration war die südafrikanische Barbie. Ich habe dann versucht, mein Model immer realistischer zu machen. Eine weitere, unterbewusste Inspiration war sicherlich, dass ich mit Models wie Naomi Campbell aufgewachsen bin, die auch Shudus Erscheinungsbild geprägt haben. Shudu steht stellvertretend für meine Arbeit als Fotograf und ist ein Symbol für den Anspruch von Perfektion, den jeder an sich selbst richtet.
Können Sie etwas über Shudu erzählen? Hat sie eine Lebensgeschichte?
Shudu ist eine Person, die keine Vergangenheit hat. Ihre Bilder erzählen eine Geschichte ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft. Ihr Halsband ist allerdings angelehnt an eine vergangene Kampagne von Dior, die in den 90er Jahren lanciert wurde.
Shudu scheint wirklich lebensecht zu sein. Wie funktioniert das und wie lange dauert es, ein Foto von ihr zu erstellen?
Das Programm stellt einen menschlichen Körper zur Verfügung, an dem man anschließend basteln kann, um ihn immer perfekter aussehen zu lassen. Trotz meiner zehnjährigen Erfahrung im Bereich Fotografie und Bildbearbeitung dauert es jedes Mal sehr lange, ein einzelnes Foto zu erstellen.
Trägt Shudu echte Designerklamotten oder sind das Klamotten, die Sie erstellen?
Shudu kann prinzipiell alles tragen, solange diese Klamotten in dem 3D-Programm rekonstruiert werden. Ein gelbes T-Shirt zum Beispiel, welches sie auf einem der Instagram-Posts trägt, ist ein echtes T-Shirt, welches ich in der Software nachgestellt habe. Ich habe mir vorgenommen, solche Projekte in Zukunft öfter umzusetzen. Es ist auch vorstellbar, dass mir Menschen selbst designte Kleider und Shirts schicken, die ich wiederum in der Software rekonstruiere. Ein weiterer Aspekt, den ich in meine Arbeit einbeziehen möchte, ist beispielsweise die Mode in und aus Afrika. Mit Shudu möchte ich diese unterstützen.
Denken Sie, dass 3D-Models wie Shudu die Zukunft bestimmen werden?
Eine Möglichkeit in der Zukunft wäre, echte Models zu digitalisieren. Das würde dafür sorgen, dass Fotografen und Models überall auf der Welt zusammenarbeiten können. Dafür muss allerdings das Recht am digitalen Ich gesichert werden und eine größere Kontrolle über diesen Markt herrschen, als es aktuell der Fall ist.
Beschränken Sie sich auf Shudu oder möchten Sie eine ganze Agentur von Models kreieren?
Mein Plan für die Zukunft ist Shudus Körper und ihr Gesicht immer realistischer zu gestalten. Ich möchte versuchen, sie zum Sprechen zu bringen. Es ist auch vorstellbar, dass es in Zukunft lebensgroße Schaufensterfiguren von Shudu gibt. Ich möchte auch andere virtuelle Models kreieren, wobei diese keinen eigenen Instagram-Auftritt wie Shudu bekommen werden. Sie sollen vielmehr zusammen mit Shudu posieren und sie auf ihren Bildern unterstützen.
Als Fotograf, was bedeutet der Begriff »Schönheit« für Sie?
Ich denke, dass der Begriff zwei verschiedene Komponenten besitzt, die innere und die äußere Schönheit. Meine Arbeit als Fotograf konzentriert sich auf das Äußere eines lebendigen oder virtuellen Models. Ich möchte allerdings klarstellen, dass jeder sein eigenes Schönheitsideal besitzt. Meine Bilder sollen nicht dazu führen, dass sich jemand nicht mehr schön fühlt. Ich möchte nur für mich selbst herausfinden, warum ich manche Menschen schön finde. Ich behaupte auch nicht, dass irgendjemand wie Shudu aussehen sollte. Sie ist virtuell, ein 3D-Model, das meinen Schönheitsbegriff und meine Lebenserfahrung symbolisiert.
Keiner sollte sich also schlecht fühlen, wenn er sie auf Bildern sieht.
Was denken Sie über die Kritik einiger, die sagen, dass es rassistisch sei, wenn ein weißer Fotograf ein schwarzes Model erstellt und dieses für seine Zwecke ausnutzt?
Ich muss klarstellen, dass ich nichts an Shudu verdient habe. Selbst wenn, wäre das nicht mein Ziel, sondern nur ein Nebenaspekt meines Projekts. Ich denke, dass die Tatsache, dass ein weißer Fotograf ein schwarzes, virtuelles Model erstellt, vielmehr gefeiert werden sollte und mehr Bewunderung verdient.
Es geht ja auch darum, dass Shudu echten Models die Arbeit wegnehmen könnte...
Ich kann natürlich verstehen, dass Menschen Ängste haben, halte sie aber für unbegründet. Shudu ist kein Projekt, um echten Models ihre Jobs streitig zu machen. Sie ist vielmehr ein Kunstprojekt und soll auch darauf aufmerksam machen, dass schwarze Frauen in vielen Bereichen, einschließlich der Fotografie, immer noch unterrepräsentiert sind. Ich bin mir dieser Problematik bewusst. Ich möchte Shudu weiter für künstlerische Zwecke verwenden und kein Kapital aus ihr schlagen oder sie sogar ausbeuten.
Fotos: Cameron James Wilson