Jetzt, wo ich den Text noch einmal lese, denke ich, alle werden denken, wie verklemmt ich bin.
Liest sich ja auch ziemlich verklemmt: Eltern und Sex, heftiges Thema. Der Gedanke war mir natürlich immer unangenehm, wie allen Kindern, dass die Eltern da was machen, nachts im Schlafzimmer. Und wie vermutlich alle Kinder konnte ich mir gerade noch vorstellen, dass meine Eltern genau so oft miteinander geschlafen haben, wie sie Kinder gezeugt haben. In meinem Fall vier Mal. Als meine Eltern vor ein paar Jahren in eine andere Wohnung zogen und ab da zwei getrennte Schlafzimmer hatten, passte mir das auch wieder nicht. Wieso machen die das? Können die sich nicht mehr ertragen? Ich bin sicher, meine beiden Kinder denken auch, ihre Eltern hätten nur zwei Mal miteinander geschlafen. Sollen sie. Dumm ist nur, dass sich meine Verklemmtheit meinen Eltern gegenüber auch auf meine Kinder überträgt: Als meine Tochter, damals 18, mit ihrem Freund bei uns übernachten wollte, habe ich es verboten. Ja, ehrlich. Ich wollte nicht nebenan liegen und Gestöhne oder so hören. Mein Mann hat es zum Glück auch verboten, er sagte, er sei aus dem Alter raus, wo er morgens das Bad mit einem verschlafenen jungen Mann in Boxershorts teilen möchte.
Als ich meiner Freundin von dem Verbot erzählte, schimpfte sie mich und sagte genau die Sätze, die ich erwartet hatte: „Glaubst du, du kannst das verhindern?“ Und: „Ist es dir lieber, sie machen es im Kohlenkeller?“ Also so naiv, dass ich denke, ich könnte es verhindern, bin ich nun wirklich nicht. Sie sollen ja miteinander schlafen, aber bitte nicht bei mir zu Hause, wenn ich da bin. Und dass sie es sonst im Kohlenkeller treiben, hätte ja fast schon wieder eine erotische Komponente. Denn wer hat heute noch einen Kohlenkeller?