Beim Sex gelten Zunge und Penis als männliche Hauptdarsteller. Dabei können Finger viel mehr: Wo etwa der Penis eine ziemlich überschaubare Bewegung ausführt und die Zunge sich für größere Flächen (Rücken) nicht eignet, gleiten Finger geschmeidig und wendig über den Körper.
Mehr noch: Die Finger rahmen stufenweise die gesamte Entwicklung des menschlichen Sexuallebens ein – von der ersten frühpubertären Begegnung mit schüchternem Anfassen bis zu dem Punkt und Alter, an dem man zumindest wissen sollte, wo man hinfassen muss.
In der Schulzeit galten Fingerübungen am weiblichen Körper als das Versauteste, was sich ein heranwachsendes Jungenhirn nur ausmalen konnte. Der Auslöser waren ältere Jungs, die ehrfürchtigen Zuhörern erzählten, ein Mädchen schon mal "befingert" zu haben. Das ging über unsere gemeine Vorstellung von Sex, sofern wir überhaupt eine hatten, hinaus: die Tatsache, mit Fingern, diesen sauberen Schönschreib- und Geraden-Strich-zieh-Werkzeugen, derart unerhörte Sachen zu treiben.
Für mich haben sich Finger diese charmante Anrüchigkeit bis heute bewahrt. Anders als die Sexualexperten des Männermagazins FHM etwa, die die Hände auf einen reinen Selbstzweck reduzieren: "Ohne Finger kannst du das Onanieren vergessen." Herrje.
Finger sind unverzichtbar, um der Frau aus dem Mantel, aus dem Kleid, aus der Unterwäsche zu helfen. Finger sind, wenn es intim wird, eine Art Erkundungstrupp, der austastet, wie und wo der Körper des Partners auf Kontakt reagiert.
Wenn es wirklich darauf ankommt, spricht man sehr oft von dem nötigen Fingerspitzengefühl. Und wann könnte das eher angebracht sein, als wenn Mann und Frau nackt sind und eine falsche Berührung das Ende bedeutet. Oder zumindest keinen Orgasmus.
Mit den Fingern also fängt alles an. Oder es hört damit auch schon wieder auf.