Man könnte meinen, der Stardesigner Philippe Starck würde aus Prinzip nur in Hotels absteigen, die er selbst gestaltet hat, in London also im »Sanderson« oder im »St. Martins Lane«. Zu meinem Erstaunen habe ich neulich erfahren, dass er dort das gleiche Lieblingshotel hat wie ich – das »No. 11 Cadogan Gardens« oder kurz: das »No. 11«. Ehrlich gesagt, so viel Geschmack hätte ich dem Mann gar nicht zugetraut. Bei seinen Hotels genügt mir ein flüchtiger Blick in die Lobby, schon zieht mich angesichts des aufge-takelten Möchtegern-Chics eine unsichtbare Kraft wieder auf die Straße zurück.
Ganz anders das »No. 11« in Chelsea: Nicht nur, dass es äußerst diskret an einem Privatpark in einer Nebenstraße der feinen Sloane Street liegt, es hat nicht einmal eine Rezeption. Dafür wird jeder Gast persönlich von einem Butler empfangen und auf sein Zimmer geleitet. Im Inneren des viktorianischen Stadthauses erinnert alles an einen Roman von Jane Austen oder den Brontë-Schwestern: Die Zimmer sind mit geblümten Vorhängen und Tapeten, ansonsten aber mit britischem Understatement eingerichtet (unbedingt Zimmer mit Blick auf den Park reservieren!), die Betten sind mit ägyptischen Baumwolllaken bezogen, englische Literatur füllt die antiken Vitrinenschränke und im holzvertäfelten Treppenhaus hängen nachgedunkelte Ölschinken, auf denen blasse Ladys äußerst distinguiert durch die Gegend schauen.
Ein Muss ist die Tea Time am Kaminfeuer im Salon. Statt überkandidelter Pralinen und kolossaler Sandwich-Ständer gibt es hausgebackenen Rührkuchen mit Himbeermarmelade, von dem man sich so viel nehmen darf, wie man möchte, ohne böse Blicke zu ernten. Ich war noch nie in einem Hotel in London, in dem es so unprätentiös und stilvoll zugleich zuging.
Wer nachts Hunger bekommt, sollte unbedingt im »Rules« Fish and Chips essen. Die werden dort ganz elegant in die aktuelle Tageszeitung gewickelt und mit Silberbesteck serviert. Für ein Gutenachtbier empfehle ich das winzige Pub »The Grenadier«: ein uriger Ort, der von lärmenden Touristenhorden bisher verschont geblieben ist. Da auf der feinen Sloane Street nur noch neureiche Russinnen unterwegs sind, sollte man zum Shoppen in die Elizabeth Street ausweichen. Allein im Küchenladen von David Mellor könnte ich Tage verbringen, um mich mit neuem Besteck oder schicken Küchenhandtüchern einzudecken. HOTEL 11 Cadogan Gardens, Sloane Square, London, Tel. 0044/ (0)20/77 30 70 00, DZ ab 312 Euro, www.number-eleven.co.uk PUB The Grenadier, 18 Wilton Row, Tel. 0044/(0)20/72 35 30 74, ESSEN Rules, 35 Maiden Laine, Tel. 0044/(0)20/78 36 53 14, LADEN David Mellor, 4 Sloane Square, Tel. 0044/(0)20/77 30 42 59