Wer den Geburtstag seiner Freundin vergisst, darf nicht zimperlich sein, um das Problem in letzter Sekunde aus der Welt zu schaffen. Man muss einen Satz formulieren, der ungefähr so klingt: »Schatz, lass uns nach Rio reisen und ein Wochenende lang Samba tanzen und Caipirinha trinken!« Ich konnte so daherreden, weil ich genau für den Sonntag, an dem Hanna Geburtstag feierte, einen Flug in dienstlicher Angelegenheit gebucht hatte: Brasilien. Hanna war leicht zu überreden. Weil wir in New York wohnen, ist Rio quasi unser Kairo: erträglicher Flug, großes Abenteuer.Rio de Janeiro ist die Stadt der Klischees. Der Laie glaubt, die Einwohner tanzen entweder am Strand oder rauben Touristen aus. Das stimmt natürlich nicht. Schon am Flughafen stellt man fest: Viele Taxifahrer sind so korrekt wie ihre Kollegen in München. Unserer brachte uns ins sehr sympathische Hotel Everest Rio am Strand von Ipanema. Ein Gang ans Meer löschte gleich drei weitere Vorurteile aus: Niemand tanzt; die Fußballer am Strand spielen so schlecht wie deutsche Freizeitkicker; die Mädchen sind nicht viel hübscher als Mädchen in Oberbayern.Egal, wohin der Besucher geht: In Rio wird jeder Tag perfekt. Leckeres Obstfrühstück auf der Terrasse im 23. Stockwerk des »Everest«; Fahrräder mieten am Strand von Ipanema und eine Tour um die Lagune unternehmen. Wären die atemberaubenden Berge nicht zu sehen und stünden die Hochhäuser nicht so tollkühn an den Hängen, könnte man glauben, man wäre an der Außenalster – so wohlhabend und entspannt sehen die Passanten aus. Auf dem Wasser schwimmen Schwäne.Wenn es nachmittags zu warm wurde, fuhren wir zum Botanischen Garten, um uns am Affenfluss auf eine schattige Bank zu setzen und die Affen in den 200 Jahre alten Dschungelbäumen zu beobachten. Die Seilbahnfahrt auf den Zuckerhut, das Mittagessen im Barockviertel Santa Teresa, der Sambaabend im Ausgehviertel Lapa – Klassiker, die jeder Reiseführer empfiehlt. Aber ein Nachmittag im Jardim Botânico: Auf die Idee kommen nicht mal die Einheimischen – der Park ist menschenleer bis auf ein Paar, das Hochzeitsfotos macht. Unsere Nachbarschaftskneipe, das »Botequim Informal«, liegt drei Blocks vom Hotel an einem Park. Hier gibt’s kaltes Bier, erstklassige Tapas und Filet-Mignon-Sandwiches. Im Fernsehen läuft Fußball. Doch weil Hanna Geburtstag feierte, setzte ich mich so hin, dass ich nur ihr schönes Gesicht sehen konnte. Hotel: Everest Rio, Rua Prudente de Morais, 1117, reservasrio@everest.com.br, DZ ab 120 Euro; Essen in Santa Teresa: Bar do Mineiro, Rua Paschoal Carlos Magno, 99, BAR: Botequim Informal, an der Praça Nossa de Paz, 12.00–4.00 Uhr, Samba: Estrela da Lapa, av. Mem de Sá, 69, Park: Jardim Botânico, Rua Jardim Botânico, 920, Eintritt 2 Euro; Fahrradverleih: überall am Strand von Ipanema.