iPhone

Als das iPhone Ende Juni 2007 auf den amerikanischen Markt kam, war das dominierende Gefühl ein Staunen. Dabei ging es weniger um die Fähigkeiten und Eigenschaften eines neuen Apple-Produkts, das ohnehin im Rest der Welt noch nicht verfügbar war, als vielmehr um seinen Stellenwert in den Medien und im Bewusstsein einer bestimmten Konsumentenschicht: Ein hochglänzendes Gerät, das telefonieren, im Internet surfen, E-Mails abrufen und Mediendaten abspielen kann, interessiert den globalen Besserverdiener fast mehr als Krisen, Kriege und Misswirtschaft im eigenen Land.

Die Idee etwa, gespeicherte Sprachnachrichten in einer Liste darzustellen und durch Antippen mit der Fingerspitze abzurufen, wurde unwidersprochen und ohne Scham als »Revolution« bezeichnet – immer und immer wieder. So gab die Ankunft des iPhones einen Ausblick auf die Wahrheit unserer Interessen – und darauf, welche Sorgen die Protagonisten der Informationsgesellschaft wirklich haben oder eben nicht haben.

Inzwischen aber, nach vielen Berichten aus der Praxis und noch mehr konzertierten Protestaktionen von potenziellen oder tatsächlichen iPhone-Käufern, kann man zum europäischen Verkaufsstart ein neues Phänomen beobachten. Die Einführung einer begehrten Technik, die das Leben des modernen Menschen erleichern soll, gestaltet sich demnach als ein Machtkampf zwischen Konzern und Konsument. Wenn das iPhone tatsächlich, wie Apple-Chef Steve Jobs behauptet, seiner Konkurrenz um fünf Jahre voraus ist, wäre die zugehörige Theorie der Vermarktung recht einfach: Überall präsent sein und schnell raushauen, damit möglichst viele Menschen diese Überlegenheit auch kennenlernen; dann im Zuge des Massenerfolgs immer billiger produzieren; schließlich den Markt erobern und dominieren. Einfache Bedienung, Freiheit in der Handhabung, maximale Nützlichkeit – das müsste den Welterfolg eigentlich von selbst garantieren.

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So aber funktioniert das nicht. Im Kern glaubt Jobs offenbar, dass sein Produkt eigentlich zu gut ist für die Käufer, auf die es trifft. Also schränkt er die Freiheit der Handhabung und auch die Funktionalität wieder ein – was beides Wege sind, den Nutzen des iPhones künstlich zu verringern, den eigenen Vorteil aber zu vergrößern. Nur deshalb soll man jetzt gezwungen werden, beim Kauf des Geräts einen teuren Zweijahresvertrag mit der Telekom abzuschließen, obwohl man doch vielleicht froh war, dem ehemaligen Monopolisten entronnen zu sein; nur deshalb beharrt Apple darauf, an den Umsätzen aus diesen Verträgen beteiligt zu sein, anstatt sein Glück einfach als überlegener Gerätehersteller zu suchen; und nur deshalb wird schließlich die wirklich interessante Möglichkeit, das iPhone mit fremden Programmen besser und effizienter zu machen, künstlich wieder verkrüppelt und eingeschränkt. Klare Sache und eigentlich noch kein Grund zur Aufregung: Jeder Hersteller verhält sich so gierig, wie er sich das leisten kann.

Das erklärt aber noch nicht den nahezu biblischen Zorn, mit dem gerade Apple-Fans auf die Bevormundungen beim iPhone reagieren. Das liegt daran, dass Apple von seinen Anhängern nicht als normaler kapitalistischer Konzern betrachtet wird, sondern als Hort von überlegener Intelligenz und Weisheit. Hier sitzen Genies, das fühlen sie, die Kompliziertes wirklich einfacher machen, Dinge zum Funktionieren bringen, die Welt zumindest im Kleinen stetig verbessern. Das ist eine hohe Verantwortung. Und wenn man bedenkt, wie viel auf diesem Planeten NICHT funktioniert, kann man die Sehnsucht danach sogar fast verstehen. Wer in diesem Tagen also seinen Hass auf Apples iPhone-Strategie artikuliert, erwartet tatsächlich ein Gerät, dass das Dasein auf Erden verbessern wird – wenn nur seine Macher endlich ihre Gier besiegen und sich auf ihren Auftrag im Dienste der Menschheit besinnen würden.