Es scheint so eine Sache zu sein mit den Söhnen und den Vätern und dem Kleidungsstil. Wenn die Jungs noch ganz klein sind, dann kann ihnen höchstens passieren, dass sie als Tiere verkleidet werden, mit Öhrchen an jeder Kapuze und Mütze. Nur wenig später dann tragen sie aber gleich Erwachsenenkleidung in Mini: Jeans, Turnschuhe, Pullover. Es ist ein geschlechtsspezifisches Phänomen: Mädchen dürfen noch Mädchen sein, sie tragen Prinzessinnenkleidchen und Rüschensöckchen, Sachen, die ihre Mütter nie anziehen würden, aber Jungs sind kleidertechnisch einfach kleine Männer.
Solange sie nicht wie Erwachsene behandelt werden, ist das zwar irgendwie seltsam, aber ja nicht weiter schlimm. Außerdem schauen die meisten Väter darauf, dass der Sohnemann zumindest nicht zur gleichen Zeit das Gleiche trägt. Und später irgendwann wollen die meisten Söhne ihre Emanzipation gerade auch durch ihren Kleiderstil kundtun.
Die meisten Väter. Die meisten Söhne. In Diktatorenfamilien läuft das offenbar anders. Wenn Alexander Lukaschenko mit seinem sechsjährigen Kolja als Mini-Me auftritt, hat das im ersten Moment ja noch etwas Lustiges, Faschingshaftes, weil das Kind so offensichtlich verkleidet ist. Kuck mal, der kleine Despot. Wie süß! Im Kontext dann überwiegt das Gruselige, denn der Papa ist ja generell etwas übermotiviert - nicht nur was das Niederknüppeln von Demonstrationen angeht, sondern auch mit seinem Sohn. Er nimmt ihn überallhin mit und verlegte sogar seinen eigenen Geburtstag offiziell einen Tag nach hinten, um am selben Tag wie Kolja feiern zu können. Als Nachfolger würde er ihn auch gern sehen, er sei »ein wunderbares Männchen«. Brrr. Bis dahin ist es aber noch ein bisschen.
Anders dagegen bei Kim Jong-il und seinem Sohn Kim Jong-un: Hier geht es tatsächlich darum, einen Machtwechsel einzuleiten. So zumindest wird die Tatsache gedeutet, dass Kim Jong-un die gleiche Mütze aus Otterfell wie Papa tragen darf - für jeden anderen ein Sakrileg. Jong-il-Forscher verstehen diese Tatsache als eigentliche Krönung. Warum allerdings Jacke und Hose auch gleich sind, bleibt ein Rätsel. Wird er beim nächsten Termin auch noch die Hipster-Brille tragen? Und: Von wem geht das aus?
Ist es das Vatersöhnchen, das morgens vor Papas Kleiderschrank mit den tausend Khaki-Jacken steht und quengelt: Ach bitte, bitte, darf ich? Oder ist es doch der geisteskranke, narzisstische Despot, der gern sein eigener Nachfolger wäre? Man weiß es nicht. Aber diese Beispiele sollten allen Nicht-Diktatoren-Vätern den starken Impuls geben, ihre Söhne anders anzuziehen als sich selber. Vorzugsweise wie Kinder.