"Mich langweilen die klassische Moderne und das Bauhaus"

Der Designer Stephen Burks.

In einem beengten Raum einer Fabriketage in Brooklyn steht eine junge Schwedin an einem elektrischen Reißwolf und zerkleinert alte Ausgaben des Magazins Wallpaper. Dann wirft sie die geschredderten Seiten nach Farben sortiert in Säcke. Im nächsten Arbeitsgang werden aus dem Altpapier neue Tische, Stühle, Regale entstehen.

Stephen Burks hat die Teile entworfen – Möbel mit schlichten runden Formen, die aus recycelten Materialien bestehen. »Wir haben noch ein paar technische Probleme«, gesteht Burks. »Die Herausforderung besteht darin, genug Rohstoff, also Papierstreifen, in den richtigen Farben herzustellen. Es dauert wahnsinnig lange, die Seiten nach Farben zu sortieren.« Ein fertiges Möbelstück soll im Verkauf nicht mehr als 300 Euro kosten, doch derzeit deckt diese Summe gerade mal die Produktionskosten.

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»Ich schätze, wir haben erst die Hälfte unseres Weges zurückgelegt«, sagt Burks. »Wir müssen noch effizienter werden.« Am Ende seines Weges sieht Burks eine kleine Manufaktur in Brooklyn, die aus Abfall Möbel herstellt und einigen Arbeitslosen Jobs bietet.

Stephen Burks gilt als einer der wichtigsten Industriedesigner seiner Generation in Amerika. Sein Büro Readymade Projects entwirft Konzepte für Calvin Klein und Missoni, Möbel für die wichtigsten italienischen Hersteller und Ladeneinrichtungen für Swatch oder Vitra. Doch es sind Projekte wie das mit den Papiermöbeln, die Burks begeistern – wenn er ein neues Verfahren entwickeln, eine innovative und möglichst umweltfreundliche Technik ausprobieren und die Arbeit mit sozialem Engagement kombinieren kann.

Burks, der in Chicago aufwuchs und dort Architektur studierte, machte sich einen Namen als Designer, der wie ein Wissenschaftler nach neuen Methoden und Formen sucht. »Ich schaue nicht zurück, mich langweilen die klassische Moderne und das Bauhaus. Ich investiere lieber viel Geld und Mühe in Experimente und versuche Neues zu erfinden.«

Im vergangenen Jahr hatte Burks begonnen mit Papier zu arbeiten, doch die erste Kollektion endete im Desaster – weil die Chemikalien und der Kleber das Papier angriffen. Dann entdeckte er in Holland einen Wunderkleber auf Naturbasis und nun kann er endlich Oberflächen herstellen, die auch auf der Mailänder Möbelmesse vorzeigbar sind. Die Magazinseiten sind so sorgfältig verklebt, dass man Fragmente der Texte lesen kann.

Nun muss Burks nur noch eine Methode entwickeln, mit der er seine alten Zeitschrif-ten am günstigsten in Rohstoff für neue Tische und Stühle verwandelt. Dann wird er einigen Leuten in seiner Nachbarschaft neue Jobs verschaffen.

Stephen Burks, 39, lebt in New York. Neben seinen Arbeiten für Calvin Klein, B&B Italia oder Boffi engagiert er sich für internationale Handwerks- und Umweltinitiativen.
Aktuelles Projekt: Prototyp-Entwicklung einer Möbelkollektion aus gepresstem Altpapier.