Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, Sie haben sich absolut richtig verhalten!Absolut? Schließlich soll man doch möglichst anderen helfen und niemanden enttäuschen; das sagt Ihnen auch Ihr Gefühl. Sie bräuchten nur über Ihren Nichtraucherschatten springen. Müssen Sie das? »Kompromisslos« zu sein fördert nicht gerade das Zusammenleben, und von seinen Grundsätzen kein Jota abzuweichen ist nur in geringen Dosen sozialverträglich. Trotzdem dürfen Sie Ihre Überzeugungen haben und niemand kann so einfach von Ihnen verlangen, völlig gegen diese zu handeln. Hier bliebe man unsicher, den Ausschlag gibt letztendlich ein anderer Aspekt: Der Jugendschutz. Warum benötigt der Junge Ihre Hilfe? Weil der Tankwart einem Sieben-jährigen die Zigaretten nicht verkaufen darf. Auch dann nicht, wenn er sie für seine Mutter holen soll. Nun werden manche sagen, da haben wir doch die Kleinlichkeit, sich auch in so einem Fall, wenn jemand krank zu Hause liegt, pingelig, ja geradezu blind an den Wortlaut des Jugendschutzgesetzes zu halten. Hier droht der Jugend doch gar keine Gefahr, vor der zu schützen wäre. Aber da genau liegt der Denkfehler: Die Gefahr droht sehr wohl. Weniger durch den Tabak, als vielmehr durch die Großzügigkeit. Wenn der einfache Satz »Die sind für meine Mutter« den Tankwart dazu brächte, die Zigaretten zu verkaufen, oder Sie »moralisch« berechtigte, die Bestimmungen zu umgehen, bestünde der Jugendschutz nur auf dem Papier; praktisch wäre er wirkungslos. Mag sich auch innerlich etwas gegen ein Verbot von Ausnahmen sträuben, in diesem Fall kann man, sobald man beginnt, sie zuzulassen, das ganze Gesetz gleich in der Pfeife rauchen. Und dieses Rauchen ginge nicht nur gegen Ihre Überzeugung, sondern auch gegen meine.
Die Gewissensfrage
»An der Tankstelle sprach mich neulich ein zirka sieben Jahre alter Junge kindlich anrührend an: Seine Mama sei krank zu Hause und er solle ihr Zigaretten besorgen. Im Tankshop bekomme er aber keine, da er noch zu klein sei. Ob ich die Zigaretten doch bitte für ihn kaufen würde, fragte er, und wollte mir schon zwölf Euro in die Hand drücken. Ich habe abgelehnt, weil ich kompromissloser Nichtraucher bin. Seit ich aber die Enttäuschung und den verständnislosen Blick des Jungen gesehen habe, plagt mich das schlechte Gewissen und ich komme mir kleinlich, sogar schäbig vor. Zu Recht?« HORST-PETER P., NÜRNBERG