»Als mein Mann und ich uns kennenlernten, waren wir beide Raucher. Ich habe irgendwann mit dem Rauchen aufgehört, mein Mann ein paar Jahre später ebenfalls. Jetzt hat mein Mann wieder angefangen. Ich empfinde den Geruch nun als abstoßend. Mein Mann meint, ich hätte ihn als Raucher kennen- und lieben gelernt und müsste ihn akzeptieren, wie er ist. Ich hingegen bin der Meinung, dass man sich im Laufe der Jahre auch weiterentwickelt, wir beide aus Überzeugung zu Nichtrauchern wurden. Und dass er deshalb meinen Wunsch akzeptieren und mit dem Rauchen aufhören muss. Wer hat recht?« Martina B., Herford.
Irgendwie musste ich, als ich Ihre Argumentation las, an Verbraucherrechte denken. Welche Rechte man hat, wenn eine Sache, in diesem Fall ein Ehepartner, nicht die Eigenschaften aufweist, die er haben sollte. Und was es bedeutet, wenn man die Sache oder den Partner mit bestimmten Eigenschaften gewählt hatte, die er dann nach langer Zeit der Benutzung plötzlich wieder hat. Obwohl er doch zwischenzeitlich schon mal bessere Eigenschaften gehabt hat. Entsteht da vielleicht so etwas wie ein Gewohnheitsrecht? Womöglich sollte man einmal in der EU-Verbraucherrechtelinie nachschlagen.
Interessant wäre das Ganze natürlich auch im Märchen: Was macht man, wenn sich der Prinz nach ein paar Jahren Ehe wieder in einen Frosch verwandelt? Darf man ihn dann zurückgeben? Und wenn ja, wem? Gibt es so etwas wie eine Gewährleistung für Zauber und Entzauberung? Vielleicht kommt ja demnächst die EU-Zauberrichtlinie. Wobei mir »Entzauberung« das richtige Stichwort zu sein scheint: Ich habe den Eindruck, dass es sich bei Ihnen darum handelt. Sicherlich ist es kein großer Spaß, als Nichtraucher mit einem Raucher liiert zu sein. Um beim Küssen den Geschmack von kalten Aschenbechern zu mögen, muss man vermutlich selbst Raucher sein. Oder verliebt. Als Sie aufgehört hatten und Ihr Mann noch nicht, scheint es Sie weniger gestört zu haben.
Worauf ich hinauswill: Natürlich könnte man sich jetzt überlegen, was mehr zählt: Wie der Partner bei Beginn der Partnerschaft war? Oder wie man sich gemeinsam weiterentwickelt hat - wozu ich tatsächlich tendieren würde. Aber ich glaube, das ist insgesamt der falsche Ansatz. Ich bin der Meinung, dass es in diesem Fall kein »Recht« gibt und dass man in Beziehungen Wünsche, die man an den Partner hat, nicht mit Rechten begründen sollte. Man hat generell keinen Anspruch darauf, wie ein Partner sein soll. Natürlich darf man Wünsche haben, sie durchaus auch äußern und auch auf den Partner einwirken, es geht schließlich um ein gemeinsames Leben, ein Zusammensein. Aber eben nicht um durchsetzbare Ansprüche.
Vor diesem Hintergrund fände ich es gut, wenn Ihr Mann Ihnen zuliebe wieder auf das Rauchen verzichtet. Aber genauso gut fände ich umgekehrt, wenn Sie es ihm zuliebe nicht fordern.
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Quelle:
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtline 93/13/EWG des Rates und der Richtline 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtline 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates.
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Illustration: Marc Herold