Die therapeutische Wirkung des Weins ist unbestritten. Dass sein Genuss auch andere Gebiete umfasst als den ästhetischen Rausch des Trinkers, ergibt sich fast zwingend. So beschreibt bereits der verschollene Großdichter der Prager Boheme, Hermann Ungar, in seiner Meistererzählung Der Weinreisende den Effekt des Elixiers wie folgt: »Ehe ich noch trinke, erfasst mich jene lockende Unruhe, ein Zittern der Sinne, wie es Künstler erfassen mag, wenn sie plötzlich, unvorbereitet die Vision eines Werkes überfällt. Im nächsten Augenblick zerdrücke ich den ersten Tropfen zwischen Zunge und Gaumen. Eine wollüstige Wärme geht durch mein Blut. Ich schließe die Augen. Ich habe den köstlichsten Wein vor mir, den ich je getrunken habe.«
Heute füllen Traubenkerne andere Gläser. Wer die Gummilitze des Einmachglases von der Firma Caudalíe löst, riecht eine fast tropisch anmutende Szenerie, die aus dem zunächst nach nassem, grobem Atlantiksand aussehenden Peeling aufsteigt: Ein von der Sonne verbranntes Barrique-Fass mit Sauvignon aus der alten Welt wird sanft auf einer mit Lemongrass bewachsenen Ozeaninsel angespült. Die sorgsam geschredderten Kerne im »Gommage Crushed Cabernet« sind mit braunem Zucker und Akazienhonig aus der Gironde versetzt, was, anders als im Primärprodukt, nicht Zungen löst, sondern längst abgestorbene Hautpartikel.
Nie zuvor jedoch fühlte man sich mit geschlossenen Augen in der Badewanne mitten ins beherzte Traubenstampfen eines Winzerfests versetzt: Vinotherapie vermag, was kein Wein der Welt leisten kann – Vollrausch ohne Kater. Oben: Körperpeeling "Gommage Crushed Cabernet" von Caudalíe, 250 g um 34 Euro.