Die Augustiner-Brauerei ist die einzige, die in ihren Wiesn-Bierzelten noch aus Holzfässern ausschenkt.
Auf der Suche nach dem Erfolgsgeheimnis von Augustiner steht man irgendwann in den Gewölben der Brauerei im Münchner Westend und sieht einem Braumeister beim Tanzen zu. Roland Bittl, der Produktionsleiter, führt durch die Tennenmälzerei des Betriebs, ein unterirdisches Areal von insgesamt 16 Räumen, jeder davon vierzig Meter lang und zehn Meter breit. Es ist wohl die letzte funktionsbereite Anlage dieser Art in Europa; alle anderen Brauereien beziehen ihr Gerstenmalz inzwischen aus eigens darauf spezialisierten Betrieben. Bittl, ein kräftiger Mann mit grauem Vollbart, will nun möglichst anschaulich erklären, worin der Unterschied zwischen den industriellen Kasten- oder Turmmälzereien und dem überlieferten Verfahren bei Augustiner besteht. Er zieht zunächst Schultern und Arme zusammen, macht sich so schmal, als stünde er in einer überfüllten U-Bahn, und sagt: »Sehen Sie, die keimende Gerste wird im Kasten bis zu einer Höhe von einem Meter aufgeschüttet, ohne künstliche Belüftung könnte die kaum atmen. Die ist ziemlich gestresst.« Dann entspannt er sich wieder und lenkt den Blick auf die weitläufigen Räume vor ihm, ausgelegt mit einem besonderen Kalksteinboden, auf dem das feuchte Gerstenkorn weder durchnässt noch austrocknet. »Bei uns«, sagt er, »kann das Korn frei atmen, wir schütten hier nur zehn bis 15 Zentimeter auf.« Bittl zeigt auf ein mächtiges Gerät, den mechanischen Rechen, Baujahr 1903: »Wenn der das Grünmalz wendet, alle acht Stunden, dann stöbern die Körner locker umher, fast wie Schneeflocken«, sagt der gestandene Braumeister beinahe zärtlich, und er unterlegt seine Worte auf einmal mit ein paar tänzelnden Schritten, ahmt die Bewegung des Korns nach. »Kein Stress, verstehen Sie!«, ruft er. »Und das schmeckt man natürlich, wenn man später unser Bier trinkt!«
Die aufwendige Art des Mälzens liefert vielleicht einen Hinweis, um die Popularität von Augustiner-Bräu zu erklären, einem der merkwürdigsten Phänomene der Getränkeindustrie und der zeitgemäßen Markenführung überhaupt. Wie hat es ein Privatunternehmen, das bislang keine Sekunde und keinen Quadratzentimeter Werbung in Auftrag gegeben hat, in den letzten Jahrzehnten geschafft, fast eine Monopolstellung auf dem Markt für helles Lagerbier zu erringen? Zwei von drei Flaschen Helles, die im Großraum München im Handel verkauft werden, stammen inzwischen von Augustiner. Die lange Zeit ebenbürtigen Kontrahenten Paulaner, Hacker-Pschorr, Löwenbräu, Spaten und Hofbräu, deren Werbemaßnahmen allgegenwärtig sind, nähern sich der Bedeutungslosigkeit. Auch außerhalb Münchens prosperiert das Unternehmen zusehends, mit Großgaststätten am Berliner Gendarmenmarkt, an der Frauenkirche in Dresden, in Erfurt oder Innsbruck. In manchen Stadtteilen Berlins gibt es keinen Kiosk mehr, in dem das Augustiner-Helle nicht zu den bestverkauften Sorten gehören würde.
Grundsätzlich geht der Bierkonsum in Deutschland konstant zurück, eine Traditionsmarke wie Löwenbräu hat allein im Jahr 2010 zehn Prozent des Umsatzes eingebüßt und produziert für den Inlandsmarkt nur noch eine Gesamtmenge von 300 000 Hektolitern. Augustiner dagegen erhöht den Ausstoß Jahr für Jahr und ist mittlerweile bei einem Volumen von knapp 1,3 Millionen Hektolitern angekommen, 130 Millionen Liter Bier: erstaunliche Zahlen für einen Betrieb, der nur 350 Angestellte umfasst, in der Brauerei sogar nur neunzig. Wobei all diese Statistiken nicht vom Unternehmen selbst herausgegeben, sondern von Fachzeitschriften ermittelt werden. Denn die Brauerei, die als Handelsunternehmen nicht verpflichtet ist, die eigenen Umsätze zu veröffentlichen, zelebriert ein diskretes, ja geheimniskrämerisches Verhältnis zur Außenwelt. Woran aber liegt es, dass die Beliebtheit von Augustiner unaufhörlich steigt? Allein an der Güte des Produkts? Oder doch eher an symbolischen Prozessen, an einer besonderen Markenaura, die nach außen hin scheinbar vernachlässigt, intern aber umso sorgsamer profiliert wird?
Jeder, der in München aufgewachsen ist oder seit Langem hier lebt, weiß um den Fetischcharakter des blauen Emblems mit dem Bischofsstab und den rätselhaften Initialen »J. W.«. Von Schülergeneration zu Schülergeneration wird in der Stadt das Gesetz weitergegeben, dass auf den Isarpartys oder den Sommerfesten im Englischen Garten nur ein einziges Bier erlaubt ist. Die blauen Kästen, mühevoll vom Getränkehändler zum Treffpunkt geschleppt und dann im Fluss gekühlt; die bauchigen Flaschen mit dem Mönchs-Etikett und dem grünen Schriftzug oder das stärkere »Edelstoff« in Gold und Weiß, von dem manche nach dem ersten Kater die Finger lassen: unverrückbare Elemente einer Jugend in München. In der Stadt gibt es etliche Freundeskreise, in denen sich eine spezielle Augustiner-Folklore mit eigenen Kosenamen für das Bier herausgebildet hat (am häufigsten: »das August«). Eine Punkband namens »1328«, das Gründungsjahr der Brauerei, macht Musik, die sie als »Beercore« bezeichnet. Um die Verehrung für das Bier zu umschreiben, wäre ausnahmsweise das elende, von den Marketing-Fachleuten inflationär gebrauchte Wort »Kult« berechtigt.
»Also, ›Kult‹ ist schon mal Blödsinn«, sagt Ferdinand Schmid an seinem Stammtisch im Muschelsaal der Augustiner-Großgaststätte in der Münchner Innenstadt. Schmid, 86 Jahre alt, ist der Patron des Unternehmens: Seit den Fünfzigerjahren hat er als Rechtsvertreter und Vorstand des Vereins Münchner Brauereien eng mit Augustiner zusammengearbeitet; von 1970 bis 1991 hat er den Betrieb als Direktor geführt; seit 1996, nach dem Tod der letzten Erbin der Brauerei, einer kinderlos verwitweten Frau, leitet er die nach ihr benannte Edith-Haberland-Wagner-Stiftung. Dieser Stiftung gehört die Mehrheit des Unternehmens, sodass über die Hälfte des Gewinns bei Augustiner seit 15 Jahren vorwiegend in Sozial- und Wissenschaftsprojekte investiert wird, in Kindergärten, Frauenhäuser, Denkmalschutz oder die medizinische Forschung. Es ist der Tag vor der Beerdigung des langjährigen Sprechers der Wiesn-Wirte, Willy Heide, und am Stammtisch schauen immer wieder befreundete Gastronomen vorbei. Ein paar knappe Sätze zur Begrüßung, »Ja, wer kommt denn da daher?«, »Fahrst du morgen auch raus nach Planegg?«: das Mittagsgeplauder würdiger Bierveteranen.
»Wenn man größer wird, kann man auch anfällig werden.«
Der Patron: Ferdinand Schmid, 86, in der Augustiner-Gaststätte in der Münchener Innenstadt. Schmid war zwanzig Jahre lang Direktor von Augustiner-Bräu und leitet heute die brauereieigene Stiftung.
Wenn Schmid von der Entwicklung des Brauereiwesens in den letzten fünfzig Jahren erzählt, in jenem weichen, beruhigenden Münchnerisch, das an die alten Volksschauspieler erinnert, dann spricht aus jedem Satz der Stolz des Unternehmers, zeit seines Lebens die richtigen Entscheidungen gefällt zu haben. »Als ich jung war«, sagt er, »war es immerhin noch so, dass alle Münchner Brauereien mindestens eine Bierspezialität gehabt haben, mit der sie bei den Münchnern bekannt waren«, das Löwenbräu Export, das Hackerbräu Übersee-Export, das Pschorr Pils, »alle waren bemüht, in einem positiven Konkurrenzdenken das Beste zu machen«. Und dann entschied sich eine Besitzerfamilie nach der anderen für den in seinen Augen falschen Weg: Wachstum. »Jeder hat gesagt: Man muss größer werden, dann wird man konkurrenzfähig. Aber das ist nicht gesagt: Wenn man größer wird, kann man auch anfälliger werden.«
Der Werdegang der alten Konkurrenten gibt Schmid recht. Hacker-Pschorr wird 1979, Paulaner 1982 von der Schörghuber-Unternehmensgruppe übernommen; drei Jahre später fusionieren die beiden Brauereien, 2002 schließt sich Schörghuber mit Heineken zur »Brau Holding International« zusammen. Dem niederländischen Konzern gehört seitdem rund ein Viertel der Paulaner-Gruppe. Spaten und Löwenbräu wiederum fusionieren 1997 und nutzen nur noch eine gemeinsame Sudstätte; 2004 verkaufen die Besitzerfamilien die »Spaten-Löwenbräu-Gruppe« an die belgisch-brasilianische InBev, den größten Brauereikonzern der Welt. Vier der sechs Großbrauereien in der Stadt sind also in den letzten dreißig Jahren in globalen Wirtschaftsunternehmen aufgegangen, und in diesen Zeitraum fällt auch der eklatante Rückgang ihres Umsatzes. Ein Produkt wie das Münchner Bier, von Vorstellungen der Reinheit und der Ursprünglichkeit durchtränkt, lässt sich offenbar nicht beliebig verschieben. Zwei Brauereien sind von diesen Zusammenschlüssen nicht betroffen gewesen: einmal Hofbräu, das beschauliche Unternehmen des Freistaats Bayern, an Expansion nicht interessiert. Und Augustiner, das erfolgreich in die Bresche gesprungen ist und seitdem als letzter Repräsentant der Münchner Braukunst gilt. Doch wenn man Schmid darauf anspricht, wie bewusst sich Augustiner in der vakant gewordenen Position des »echten Münchner Biers« eingenistet hat, reagiert er schmallippig. Nein, sagt er, die Beliebtheit von Augustiner habe allein mit der sorgfältigen Auswahl der Rohstoffe, mit den Besonderheiten der Herstellung zu tun.
Und natürlich kommt auch er in diesem Zusammenhang auf die Tennenmälzerei zu sprechen: »Vor ungefähr 15 Jahren wollten unsere Ingenieure die Mälzerei stilllegen, weil in den Kellern ja eine Riesenmenge von Lagerraum verloren geht. Ich habe gesagt, in Ordnung, aber ich möchte erst einen Versuchssud herstellen. Ich habe dann eine besondere, teure Gerste nach den drei Mälzverfahren verarbeiten lassen, Tenne, Kasten und Turm. Wir haben davon ein Oktoberfestbier gebraut …« Er macht eine längere Pause, um die Pointe der Anekdote etwas hinauszuzögern: Denn bei der Blindverkostung mit den drei Suden schmeckten die Geschäftsführer und Brauer, insgesamt zwanzig Teilnehmer, mit hundertprozentiger Übereinstimmung heraus, dass das Bier mit dem typischen Augustiner-Geschmack nach dem Tennenverfahren gebraut worden war. Die stressfrei keimende Gerste, von der Roland Bittl so poetisch erzählen kann, entfaltete ihre Wirkung. »Ich hab dann zu den Herren Ingenieuren nur eines gesagt«, erinnert sich Schmid: »Jetzt wissen S’ genau, warum unsere Mälzerei nicht stillgelegt wird.« Die zunehmenden Kapazitätsprobleme löste die Brauerei später, indem sie eine Lagerhalle am westlichen Stadtrand Münchens bauen ließ.
Es liegt im Selbstverständnis eines Unternehmens, dass es die eigene Popularität allein der Qualität des Produkts zuschreibt. Augustiner möchte die beste Brauerei sein, kein Nutznießer falscher Wachstumsbewegungen, kein Globalisierungsgewinnler des Münchner Biermarkts. Beim Rundgang durch die labyrinthische Brauerei, seit 1885 auf demselben Gelände am Anfang der Landsberger Straße, geht es auch Roland Bittl genau darum: die Momente im Herstellungsprozess sichtbar zu machen, die Augustiner von den Standardverfahren anderer Großbrauereien unterscheidet. Das Vermeiden von »Stress« für die Rohstoffe ist dabei das Leitmotiv – auch die Bevorzugung liegender Tanks während der Biergärung wird von Bittl in dieser Hinsicht erklärt. In den horizontal gelagerten, höchstens vier Metern hohen Behältern wirke ein geringerer Druck auf die Hefe ein, was dem Sud ebenso zugutekomme wie die Art des Mälzens. Andere Großbrauereien verwenden aus Gründen der Flächenersparnis senkrechte Tanks. Es ist eigentümlich: Etwas so Unteilbares und Einheitliches wie Geschmack spaltet sich in den Augustiner-Gewölben immer feiner auf, stellt sich als Mosaik unzähliger Entscheidungen und Abwägungen heraus. Am Ende vereint sich dieses Mosaik zu einem Bier, das nach Ansicht der meisten Konsumenten den anderen Marken vorzuziehen ist – obwohl nicht einmal die Verantwortlichen den speziellen, süßlichen Augustiner-Geschmack wirklich beschreiben können. Ferdinand Schmid nennt ihn »vollmundig«, »bekömmlich«, Bittl »süffig« – alles eher vage Begriffe.
Hellwache Firma hinter altmodischer Fassade.
Hinter diesen Fassaden im Münchener Westend wird das Augustiner-Bier gebraut. Brauereiführungen werden nicht angeboten.
Zu den wichtigsten Prinzipien der Brauerei gehört es jedenfalls, den Geschmack und die Beschaffenheit des Biers überall dort, wo es ausgeschenkt wird, genauestens zu überwachen. Wenn man sich mit Münchner Wirten unterhält, die in ihren Lokalen Augustiner anbieten, bekommt man die immer gleichen Geschichten von strikten Auflagen der Gläserreinigung und Zapftemperatur zu hören, aber auch von der Sorgfalt, die das Unternehmen auf die Installation der Zapfanlage und den Transport der Fässer anwendet. Rund ein Dutzend der über sechzig brauereieigenen Gaststätten in Deutschland und Österreich wird noch mit Holzfässern beliefert (eine sonst ausgestorbene Praxis). Im Ankauf von Immobilien und der wiedererkennbaren Einrichtung der Wirtshäuser besteht mittlerweile ohnehin ein elementarer Geschäftszweig der Brauerei. Die erste dieser neuen Augustiner-Gaststätten, mit langen Holzbänken und Besteck in Bierkrügen, wurde 1994 im »Bräustüberl« neben dem Brauereigelände eröffnet. Seitdem sind etliche dazugekommen: Die bemüht neobajuwarische Atmosphäre in manchen von ihnen, durch penetrante Dialekt-Speisekarten verstärkt, wirkt wie ein befremdlicher Missklang in der sonst so stilsicheren Welt der Brauerei.
Doch wie immer man zu dem Ambiente dieser Gaststätten steht: Auch sie haben in den letzten 15 Jahren dazu beigetragen, dass Augustiner zu einer der strahlendsten Marken der Getränkeindustrie geworden ist. Wie dieser Erfolgsweg genau beschritten wurde, wie intuitiv oder strategisch, darüber gibt die Brauerei kaum Auskunft. Die Kultur der Diskretion ist hier immer schon Programm: von Rudolf Wagner, dem letzten direkten Spross der Besitzerfamilie, der seine Villa hinter dem Augustiner-Biergarten in der Arnulfstraße praktisch niemals verließ (die rätselhaften Initialen auf den Etiketten gehen auf seinen Vorfahren Josef Wagner zurück), über Edith Haberland-Wagner, die das Unternehmen mit Ferdinand Schmid fast ebenso unsichtbar leitete, bis zu dem heutigen Geschäftsführer Jannik Inselkammer, der nicht mit Journalisten spricht.
Hinter der betont altmodischen, rührigen Fassade steht in jedem Fall eine hellwache Firma, mit konsequenter Corporate Identity (die Kennzeichen aller Dienstwagen beginnen mit M – AU, die ersten vier Ziffern aller Diensthandys lauten 1328), die im kleinen Kreis souveräne Entscheidungen trifft. Ein gutes Beispiel dafür ist die Tatsache, dass Augustiner sein Bier bis heute in bauchigen Halbliter-Flaschen abfüllt. Anfang der Neunzigerjahre war diese sogenannte »Euroflasche« noch deutschlandweit gebräuchlich, doch dann begannen einige nordrhein-westfälische Brauereien, ihre sinkenden Absatzzahlen der klobigen Form der Flasche zuzuschreiben. Sie entwarfen eine schlankere Variante, die »NRW-Flasche«, und einen passenden, etwas höheren Kasten. Innerhalb kurzer Zeit stellte fast die gesamte deutsche Bierindustrie ihre Produktion um. »Die haben damals natürlich auch mich traktiert«, erinnert sich Schmid, »es hat geheißen, die Euroflasche wird in Zukunft gar nicht mehr hergestellt. Aber das habe ich nicht geglaubt. Und außerdem hätte uns die Umstellung auf neue Flaschen und Träger 15 Millionen Mark gekostet.« Augustiner kaufte die Flaschenbestände der anderen Münchner Brauereien auf und ersparte sich eine bedeutende Investition. Heute hat gerade auch die bauchige Silhouette der Flaschen erheblichen Anteil am bodenständigen, traditionsreichen Bild der Brauerei.
Überhaupt gibt es zahlreiche Indizien für den Verdacht, dass das Unternehmen genauer auf die Tendenzen der Gegenwart achtet als die meisten anderen. So etwa die Reaktion der Brauerei auf den Siegeszug des Tegernseer Biers in den Bars und Clubs von München, vielleicht die einzige kleine Krise der jüngeren Geschichte von Augustiner. Um das Jahr 2005 herum tauchte die Biermarke plötzlich überall im Nachtleben der Stadt auf, vor allem die eleganten 0,33-Liter-Flaschen Helles. Die Marke Tegernseer verströmt eine ganz ähnliche Aura wie Augustiner: eine alte Privatbrauerei, die sich der Welt der Fernsehbiere komplett verweigert. Sie hatte damals aber den Wettbewerbsvorteil der kleineren Flaschen, die auch von langsamen Trinkern geleert werden, bevor das Bier warm ist, was sowohl die Clubbesitzer als auch die Gäste zu schätzen wissen. Augustiner sah ein, zwei Jahre lang zu, wie die so wichtige Vormachtstellung im Münchner Nachtleben langsam verloren ging, und stellte im Jahr 2008 zum ersten Mal Helles und Edelstoff in 0,33-Flaschen her. Sogar Ferdinand Schmid sagt zu dieser Reaktion: »Stimmt, da wollte man den Trend nicht versäumen.«
Die Abfüllanlage: Bis zu 100 000 Flaschen Bier laufen hier pro Stunde über die Bänder.
Der Gang durch die Brauerei endet im Raum mit den beiden Flaschenabfüll-Anlagen. Über 100 000 Flaschen Bier in der Stunde können hier computergesteuert durch die Bahnen rasen. Das vertraute Geräusch aus dem Getränkehandel, das Scheppern der Flaschen in den blauen Bierkästen: Hier ist es dutzendfach verstärkt, fast zu einem musikalischen Klang. An der Position der Abfüllmaschine, an der die Flaschen etikettiert werden, öffnet ein Mitarbeiter gerade ein paar Kartons. Hunderttausende Etiketten für das Helle werden eingespannt, die kleinen grün-weißen für den Flaschenhals, die mit dem Mönch für den unteren Teil. Ein Fetisch entsteht, live. Draußen, auf dem Weg zur Pforte, erzählt Roland Bittl noch von den regelmäßigen Treffen mit Berufskollegen. Das Verhältnis sei sehr gut, sagt Bittl. Als er vor 25 Jahren zu Augustiner kam, gab es noch einen vereinbarten Turnus, abwechselnd in einer Gaststätte jeder Brauerei. Doch es hat sich so eingebürgert, dass die anderen fast immer zu ihm ins »Bräustüberl« kommen.
Fotos: Hubertus Hamm; www.bildagentur-online.com; Richard Huber/Wikimedia; Siegfried Sperl