»Ich sagte, pfff, Herr Dietl, das muss ich mir erst überlegen«

Im Münchner Hofgarten schien die erste Frühlingssonne, als sich das SZ-Magazin hier zu einem besonderen Interview traf: Senta Berger und Mario Adorf schwelgten in Erinnerungen an »Kir-Royal«-Regisseur Helmut Dietl.

Seit über einem halben Jahrhundert sind Senta Berger und Mario Adorf befreundet. Immer wieder standen sie gemeinsam vor der Kamera. Zunächst in US-Western und italienischen Nachkriegsklamotten. Später wechselten beide ins Charakterfach. Unsterblich aber machte sie erst Helmut Dietl in seiner Fernsehserie »Kir Royal«. Sie als Mona, Gespielin des »Journalistenhundes Baby Schimmerlos« (Berger), er als Generaldirektor Haffenloher, der sie alle »zuscheißt mit seinem Jeld«. Dreißig Jahre ist das her, von den Wegen und Möglichkeiten, die Kir Royal erschloss, sollte das deutsche Fernsehen noch Jahrzehnte zehren. Doch als Dietl letztes Jahr viel zu früh an Krebs starb, nahm er die bittere Erkenntnis mit ins Grab, dass man einem über alles geliebten Meister wie ihm einen Ausrutscher wie »Zettl« nicht vergab.

Mit diesem Wissen traf das SZ-Magazin Berger und Adorf an einem sonnigen Februartag im Schumann's zum Interview, um zurückzublicken auf ihren gemeinsamen Weg, der sie in die Wüste Mexikos führte, nach Rom, wo sie Nachbarn waren, vor allem aber zu Helmut Dietl nach München, den Adorf als wichtigsten Regisseur seines Lebens bezeichnet.

Berger trägt ein purpurnes Samtjacket und hat, so viel Diva muss sein, ihre Visagistin dabei, die ihr beim Fototermin minütlich die Haare richtet. Adorf, kommt in kariertem Sakko und Opajeans, die Treppen zum Fototermin im ersten Stock nimmt der 85-Jährige mit federnden Schritten. Anfang der 60er Jahre haben sie sich kennengelernt, auf einem Filmball der Berlinale. Und dann wiedergesehen, erst in Hollywood, dann in Rom, damals dem Zentrum des europäischen Films. Als Dietl sie Anfang der 80er Jahre für »Kir Royal« gewinnen wollte, zierte sich Berger zunächst. »Ich sagte, pff, Herr Dietl, das muss ich mir erst überlegen.« Adorf nahm das Angebot dagegen sofort an, da er das Vorbild für seine Figur Haffenloher, einen Lackfabrikanten aus dem Rheinland, aus eigener Anschauung kannte. »Der kam mal auf einem Filmball auf mich zu und meinte: ›Die Nastassja Kinski, det is ja ein dolles Weib, könnse mich der mal vorstellen?‹ Den konnte ich sofort nachmachen.«

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Als Regisseur sei Dietl ein Kontrollfreak gewesen, der auf jedes Komma im Text achtete, Ideen aber annahm, wenn sie gut waren. Unglücklich sei er mit unbegabten Leuten gewesen. Oder wenn wer sagte: »Das haben wir so noch nie gemacht. Dann war's aus.« Mal habe er wie wild herumgeschrien, dann sei er vor einem auf die Knie gesunken, um einen wissen zu lassen: »Das hat mich jetzt so gerührt, dass ich eine Pause brauche.«

Still wurde es während des zweistündigen Gesprächs, als Berger mit Tränen in den Augen schilderte, wie schwer sie sich tat, für den todkranken Dietl eine Laudatio auf dessen Lebenswerk zu schreiben und diese dann bei der Bambi-Verleihung 2014 zu halten. Da waren die Reporter kurz versucht, der Schauspielerin tröstend die Hand auf die Schulter zu legen. Aber nur kurz. Draußen im Hofgarten wärmte derweil die erste Frühlingssonne die Menschen auf den Bänken.

 

Foto: Robert Brembeck