Wo wächst der beste Safran? In Andalusien? Im Iran? Im Kaschmir? Nein, in Mund, einem 600-Seelen-Bergdorf im Kanton Wallis. Das einzige Safrananbaugebiet in der Schweiz, wo fast alle Dorfbewohner auf hundert Äckern mit insgesamt nur einem Hektar Fläche jedes Jahr aus einer halben Million Blüten vier Kilo Safranfäden ernten und für 14 Franken das Gramm an Besucher, die drei örtlichen Gaststätten, den Dorfbäcker und den Hersteller eines Safranaperitifs verkaufen. Sofern sie ihre Ernte nicht mit der Familie verbrauchen. Safran bevorzugt magere, lockere Böden. Die Felder bei Mund sind steil, das Grundwasser fließt zu, aber auch ab und versorgt die Pflanzen kontinuierlich mit Spurenelementen, so dass die Böden in ständiger Roggen-Safran-Doppelkultur nie ausgelaugt werden.
Vermutlich kam der Safran durch arme Bergler in die Schweiz, die in Spanien als Söldner gearbeitet und auf dem Heimweg ein paar Zwiebeln mitgenommen hatten. Manche Zwiebeln gehen noch auf Urahnen zurück, die seit dem Mittelalter keiner mehr versetzt hat. Viele Felder haben die Bewohner von Mund aber auch mit Zwiebeln aus Kaschmir neu bepflanzt, denn bis 1979 war der Safrananbau fast erloschen. Heute stärkt er die kulturelle Identität des Dorfes. Im Oktober sind hier die Unterschiede zwischen heißen Tagen und eisigen Nächten sehr groß, auf den umliegenden Gipfeln liegt Neuschnee – ideal für die Safranblüte. Safranqualität können Sie in der Küche überprüfen: Die Farb- und Aromastoffe kommen am besten zur Geltung, wenn Sie die Fäden in einer Reibschale aus dem Apothekerbedarf oder einem kleinen Mörser auf 40 bis 50 Grad (im Backofen oder auf die Heizung stellen) erwärmen, pulverisieren und mit lauwarmer Flüssigkeit einweichen, so dass die verbliebenen Pflanzenzellen quellen und platzen. Am besten geeignet sind Milch oder Weißwein, Milch- bzw. Fruchtzucker spalten die Vorstufen der Safranaromamoleküle und verstärken so den Geschmack. Schwitzen Sie Safran nicht an, denn Farbe und Aroma sind nicht fettlöslich. Geben Sie das Gewürz erst gegen Ende der Kochzeit zu, der Duft ist flüchtig.
Haben Sie zwei Safransorten so vorbereitet und verdünnen beide getrennt, bis Sie den Geschmack gerade noch wahrnehmen, dann merken Sie sofort, welcher der bessere ist. Falls es nicht der Schweizer Safran sein sollte, dann vielleicht der aus Kaschmir, einem der besten Anbaugebiete im Hochgebirge. Im Moment ist dort das Gebirge allerdings eher ein Fluch, nicht nur für die Safranbauern.
SAFRAN-BANDBUDELN MIT SPINAT
Für 4 Personen: 0,2 g Safranfäden (aus Mund = 0,1 g) wie oben beschrieben mit 150 ml Milch vorbereiten. 400 g Nudeln bissfest kochen, 200 g Tiefkühl-Blattspinat auftauen, ausdrücken, grob schneiden. Inzwischen 1 gewürfelte Zwiebel mit 2 EL Butter 5 Minuten dünsten. Spinat, 6 EL Nudelwasser und 150 g Epoisses (Alternativen: Gorgonzola, Vacherin), 1 Bund gehackten Dill und Safran zugeben, schmelzen, abschmecken. Nudeln abgießen, mit der Sauce mischen, aufkochen und sofort servieren.