»Bei meiner Arbeit kommunizieren wir viel über Videotelefon. Nun habe ich kürzlich gesehen, dass mein Kollege Screenshots von seinen Gesprächspartner/innen macht, um sie den jeweiligen Kontaktdaten hinzuzufügen. Er sagt, es hilft ihm, sich an Personen zu erinnern, mit denen er selten Kontakt hat. Ich verstehe das. Und auch wenn er sie sehr wahrscheinlich tatsächlich für nichts anderes als seine Kontaktdatenbank benutzt, finde ich den Gedanken sehr beklemmend, dass mein Gegenüber möglicherweise ohne mein Wissen Screenshots von mir speichert. Ich habe ihn darauf angesprochen, dass ich das unangenehm finde, aber er sieht darin überhaupt kein Problem. Deswegen meine Frage: Darf er das?« Christine S., Ladenburg
Eine sehr interessante Frage stellen Sie da, wo doch bestimmt jeder von uns schon mal einen Screenshot aus einer Videokonferenz zugeschickt bekommen hat, auf dem alle so traurig und müde aussehen, dass man einfach nur froh ist, nicht dabei gewesen zu sein. Aber ist das rechtens? Darf heimlich für private Zwecke ein solcher Screenshot gemacht werden, ob nun zur Stütze des Personengedächtnisses oder aus sonst irgendeinem Grund? Thomas Repka, Fachanwalt für IT-Recht in der Hamburger Kanzlei Rose & Partner, sagt: »Kommt drauf an.« Strafrechtlich könne hier durchaus der Paragraf 201 a greifen, in dem es um die Verletzung des »höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen« geht. Unter »höchstpersönlich« fallen etwa private Räume, wie sie fürs Homeoffice oft genutzt werden. Kurzer persönlicher Einschub: Ich lief mal bei einer Wohnungsbesichtigung hinter einem Schreibtisch vorbei, an dem die derzeitige Bewohnerin saß, die gerade einen Videocall hatte. Hätte ihr Gesprächspartner in diesem Moment einen Screenshot gemacht, wären dadurch im höchstpersönlichen Lebensbereich der mir völlig unbekannten Dame auch meine Persönlichkeitsrechte touchiert worden. Ja, so schnell kann das gehen mit dem Paragrafen 201 a.
Zurück zu Ihnen: Auch zivilrechtlich könnte Ihr heimlich screenshottender Kollege belangt werden, und zwar sowohl was Datenschutzrecht als auch was das allgemeine Persönlichkeitsrecht angeht. In beiden Fällen würde man eine Interessensabwägung anstellen, sagt Thomas Repka, und es sei nicht auszuschließen, dass Ihr Interesse, nicht heimlich fotografiert zu werden, stärker gewichtet würde als das Interesse Ihres Kollegen. Wie der es hätte richtig machen sollen: vorher alle Teilnehmer des Videocalls fragen, ob sie einverstanden damit sind, dass er einen Screenshot macht. Wenn nicht, keinen Screenshot machen.