Würden Sie bei Fremden klingeln, in deren Haus eintreten und sich ein Bett zum Schlafen suchen? Überall, außer in einer Hotelkolumne, müsste man mit Nein antworten, aber worauf ich hinaus will: Wäre es nicht schön, die Besitzer eines Hotels näher zu kennen, sich als Teil der Familie fühlen zu dürfen? Damit zur »Villa Martini« in Castiglioncello. Meine Freundin reist seit ihrer Kindheit dorthin und hat während ihres Auslandssemesters in Pisa im Hotel ausgeholfen. Darum kenne ich all die Anekdoten, die, wenn überhaupt, nur Stammgäste erzählen können.
Drei Kurzgeschichten über die Martinis: 1. Familienoberhaupt Giovanni ist fanatischer Fußballfan, und fanatisch heißt: Als Italien in der WM 1974 gegen Polen verlor und ausschied, ist Giovanni in Ohnmacht gefallen. Im Ernst. Abends blieb die Küche kalt, Giovanni sah sich außer Stande einzukaufen. Noch heute hört man den ergrauten Giovanni aus einem Raum hinter der Rezeption kreischen, dann spielt Juventus Turin.
2. Pina, die betagte Köchin aus Kalabrien, kann nicht schreiben, darum fürchten wir, dass sie ihre Rezepte mit ins Grab nimmt. Wann immer meine Freundin sie nach einem fragt, murmelt Pina absichtlich in kalabresischem Dialekt, hebt einen großen Kochtopfdeckel und verschwindet in der Wasserdampfwolke.
3. Lorenzo, Sohn von Giovanni, sitzt an der Rezeption, und das gesamte Haus hofft, dass doch noch eine Frau zur Tür hereinkommt, die Lorenzos Herz für länger als vier Wochen gewinnen kann. Der Mann ist Mitte dreißig und das Hotel (schöner Pool, nahe einer netten Bucht mit Sandstrand) würde man gern erben.
Villa Martini, Via Martelli 3A, Castiglioncello, DZ ab 140 Euro, Tel. 0039/0586/75 21 40, www.villamartini.it