Wer nicht singen kann, singt trotzdem gelegentlich vor sich hin, zum Beispiel im Auto. Wer aber nicht malen kann, rührt Stift, Pinsel und dergleichen mit Ende des staatlichen Kunstunterrichts nie mehr an. Papier hat schließlich auch Gefühle! Erst wenn man Kinder hat, sieht man sich ab und zu wieder in der Bringschuld, selbst etwas mit Wachsmalkreiden zum Besten zu geben. Dabei fällt einem dann auf, dass man seit zwanzig Jahren nicht mal mehr ein Herz oder ein Haus gezeichnet hat, und es ist etwas peinlich.
Früher hatte man zumindest ein, zwei einfache Motive auswendig auf Lager, für Einträge in Poesiealben oder Ähnliches. Eine gewisse Zeit lang konnten etwa alle Jungs einen sogenannten Ottifanten malen, Fortgeschrittene einen rülpsenden Ottifanten. Das war besser als nichts. Wer Glück hat, der hat den Ottifanten noch in der Hand. Wenn nicht, muss man die Kinder anders ablenken – zum Beispiel mit Sessel und Sonne ein Herz an die Wand malen. Oder den Basteltisch räumen und Schnittchen machen.