Szenenwechsel

Mode ist merkwürdig, reißt sie doch bestimmte Kleidungsstücke völlig aus ihrem Kontext. Aber: Verkleiden wir uns nicht alle im Alltag?

Stammhalter: Herrenhüte von Polo Ralph Lauren.

Foto:Thomas Rousset

Weit verbreitet in der Mode ist das Paradox, wonach das Richtige erst im Falschen etwas gilt. Diese Anglerhüte zum Beispiel, eine ganz klassische Form, trägt der Mann von Welt heute natürlich nicht mehr beim Angeln, sondern auf dem Weg zur Vernissage. Die extragroßen Taschen der Barbour-Jacken füllt man nicht wie vorgesehen mit Schrotpatronen, sondern mit den Croissants fürs Sonntagsfrühstück, das Poloshirt trägt man nicht auf dem Pferd, sondern überall sonst. Und so weiter, es herrscht auf dem Modemarkt, wenn man so möchte, eine ständige kulturelle Aneignung, die schon mit den Bluejeans der Cowboys und Arbeiter begonnen hat und deren grundsätzliche Seltsamkeit etwa bei Pilotenbrillen und Flecktarnhosen jeder leicht nachvollziehen kann. Im Grunde verkleiden sich die Erwachsenen nicht nur zum Karneval, sondern ständig. Ist ja auch in Ordnung. Das Komische daran ist nur: Erst wenn man heute tatsächlich zum Angeln geht und dazu einen dieser Hüte oder eine Barbour-Jacke trägt, kommt man sich total verkleidet vor.