So sieht er doch aus, der perfekte Sommer: unendlich viel Wasser, unendlich viel Sonne, die Bikinischleife am Rücken einer jungen Frau. Und genauso war das doch immer: Luft anhalten, unter Wasser Purzelbäume schlagen, auftauchen und weiterwaten. Wir sind im Freibad, und zwar nicht in einer dieser Chlorhöllen, an deren Beckenrändern Männer mit verblichenen Tätowierungen Pommes essen. Wir sind in einem Pool irgendwo in der Toskana, vielleicht in der Nähe von Lucca - dort, wo sich Sarah Harvey das erste Mal beim Schwimmen fotografieren ließ.
Sarah Harvey ist Künstlerin und benutzt diese Aufnahmen, auf denen sie selbst zu sehen ist, als Rohstoff für ihre Malerei. Am Computer setzt sie mehrere Fotos zu einer neuen Realität zusammen: die schöne Pose des einen, die Brechungen des Lichts auf dem Wasser von einem anderen Bild, die Farben eines dritten. Diese digitale Melange überführt sie schließlich mit Öl auf Leinwand.
Harvey, 30, lebt und arbeitet in London. Dort hat sie auch die Chelsea School of Art besucht. Ihre Bilder wurden in Südkorea und Singapur ausgestellt, in Perth und Toronto. Ihre Bilder, das bedeutet letztlich also: sie. Schließlich ist Harvey auf fast jedem ihrer Ölgemälde selbst zu sehen. Warum eigentlich? »Weil ich weiß, welche Bewegungen im Wasser hinterher eine gute Vorlage für ein Bild hergeben«, sagt sie. Das klingt pragmatisch und nicht eitel, und sie selbst erkennt sich auf den Bildern ohnehin nicht mehr. »Ich sehe Mädchen und will uns Voyeure herausfordern, sie zu betrachten.« Na dann: Herausforderung angenommen.
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Bilder: Sarah Harvey