Forscher der Erciyes Universität im türkischen Kayseri haben in einer jahrelangen Studie an 200 Männern bestätigt, was übergewichtige Männer schon immer geahnt haben: Nämlich, dass übergewichtige Männer den besseren Sex haben. Ihre Studie ergab, dass Männer mit erhöhtem Körpermasseindex (BMI) im Schnitt rund sieben Minuten länger Sex haben als Männer, deren BMI im Idealbereich liegt. Aufgrund dieses wissenschaftlichen Durchbruchs können wir uns auf eine gesellschaftliche Revolution einstellen.
Nach unbestätigten Augenzeugenberichten leicht übergewichtiger Männer haben im Umfeld der Erciyes Universität im türkischen Kayseri bereits die ersten Fitnessstudios geschlossen, andere haben ihr Angebot modifiziert: Geräte, die zu sehr die Fettverbrennung anregen, wurden abgebaut, auf den so gewonnenen Flächen sind Garküchen und Bierzapfanlagen entstanden, um die Kalorienzufuhr zwischen den Trainingseinheiten zu gewährleisten. Viele Studios bieten zwischen den Fitnessgeräten einen Shuttle-Service mit Golfcarts an (elektrisch aus Öko-Mix, CO2-neutral). All dies unter dem Slogan »Sex-Pack statt Six-Pack«, zu Deutsch etwa: Bettbauch statt Brettbauch.
Auch die Snack-Industrie reagiert dankbar und in Erwartung neuer Impulse auf die Studienergebnisse vom Bosporus (bzw. acht Autostunden entfernt vom Bosporus). Mehrere Firmen haben für die Produktbezeichnung »Snex« statt Snacks Gebrauchsmusterschutz angemeldet. Die neue Chips- und Flips-Frühjahrskollektion wird auf veraltete Hinweise wie »kalorienreduziert« oder »mit natürlichem Sonnenblumenöl« völlig verzichten und stattdessen den wahren Benefit in den Mittelpunkt des Marketings stellen: mit Salzkaramell gefüllte und Schokolade überzogene Erdnussflips aus der Produktlinie »Seven Minutes plus« und Chips mit der neuen Geschmacksnote »Frittenfett« sind nur zwei Beispiele für diese Entwicklung, ebenso die Tiefkühlpizza »Sieben Käse«.
Außerdem sind führende Modediscounter-Ketten dabei, alle noch im Handel befindlichen »Skinny Jeans« und »Slim Fit«-Hemden unter großem logitischem Aufwand (Vorsicht, Schwertransport auf der A1!) aus dem Handel zu »tilgen«, wie ein Branchensprecher es formuliert: »Niemand möchte mehr in Kleidungsstücken gesehen werden, denen man ›sieben Minuten weniger‹ bereits von weitem ansieht«, so der Branchensprecher weiter, mit vollem Mund.
Leitartikel der führenden Tageszeitungen warnen zwar vor einer Diskriminierung Normalgewichtiger. Allerdings weitgehend ungehört, da die Titelseiten inzwischen ganz von der Food-Berichterstattung dominiert sind und die Leitartikel nur noch einmal wöchentlich in der kleinen Rubrik »Zum Einwickeln« im letzten Buch erscheinen.
Illustration: Eugenia Loli