Name: Tobias Kruse
Geboren: 1979
Ausbildung: Ostkreuzschule für Fotografie und Gestaltung, Berlin
Website: http://www.tobias-kruse.com
Herr Kruse, Sie sind ein Jahr lang mit dem Abschlussjahrgang des
Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums unterwegs gewesen, um Ihr Projekt The Parting (die Trennung) zu realisieren. Was war der Auslöser, sich in eine Zeit zu begeben, die für Sie persönlich schon länger her ist?
Kruse: Für mich war die Schulzeit nicht besonders aufregend. Ich hatte nie den Draht zur Schule, ich habe selten einen Zusammenhalt in meiner Klasse erlebt, es war nicht so das gemeinschaftliche Ding. Aber genau das hat mich jetzt interessiert. Als ich nach einem Thema für meine Diplomarbeit gesucht habe, bin ich an einer Schule vorbeigelaufen. Ich habe mir gedacht, dass es eine interessante Zeit ist, in der die Schüler von dem Modell Schule ins nächste, also Ausbildung oder Studium, wechseln. Das ist ein harter Bruch. Ich wollte diesen Bruch abbilden.
War es schwer, Vertrauen aufzubauen?
Am Anfang habe ich öfter mal gedacht, ich höre auf. Es war ziemlich schwierig, alles zu überblicken. Ich habe mir dann einen Leistungskurs als Kerngruppe ausgesucht. Von dort aus hat sich das Projekt metastasenartig in alle möglichen Richtungen entwickelt. Nach einiger Zeit hatte sich das Ganze etwas erschöpft, aber als dann Prüfungen anstanden, wurde es durch die Lernphasen und die Aufgeregtheit wieder interessanter. Die Hochphase war dann während der Abschlussfahrt, die nach den Prüfungen, aber vor der Bekanntgabe der Ergebnisse lag. Auf dieser Fahrt wusste keiner, ob und wie man bestanden hatte. Von daher waren alle in der gleichen Situation.
Wie sind die Schüler mit dem Projekt umgegangen? Gab es Schüler, die nicht fotografiert werden wollten?
Ganz wenige. Um die Idee vorzustellen, bin ich durch alle Klassen gegangen, um mich vorzustellen. Es ist natürlich erst mal ein komisches Ding, wenn ein 30-Jähriger in die Schule kommt. Da denken erst mal alle: Will der irgendwie an die Mädels ran oder was..? Ich musste also versuchen, Vertrauen aufzubauen. Das hätte man nicht in drei Wochen machen können. Die Schule in Berlin war bereits die zweite Schule, an der ich mein Projekt umsetzen wollte. Zuvor war ich an einer katholischen Schule. Dort war es sehr mühsam, ich durfte nur in bestimmte Unterrichtsstunden und stand irgendwie im Mittelpunkt. Ich habe relativ schnell abgebrochen und mir eine andere Schule gesucht. Nach einem Jahr war dann das Ende der Schulzeit erreicht. Fiel Ihnen der Abschied auch schwer?
Schon ein bisschen. Ich habe zwar auch heute noch zu einigen wenigen Schülern Kontakt, aber insgesamt sind sie schon sehr in alle Winde zerstreut.
(Interview: Nicolai Helling)