»Es könnten auch Privathäuser sein«

Was unterscheidet Prostitution auf dem Land von der in der Stadt? Das wollte die Fotografin Kathrin Tschirner wissen und hat Landbordelle in Brandenburg und NRW fotografiert. Warum ihr dabei sonniges Wetter wichtig war, verrät sie im Interview.


Name:
Kathrin Tschirner
Alter: geboren am 31. März 1978
Wohnort: Berlin
Website: www.kathrin-tschirner.com
Ausbildung: Master  Normal.dotm 0 0 1 16 92 MVG mbH 1 1 112 12.0 0 false 21 18 pt 18 pt 0 0 false false false /* Style Definitions */table.MsoNormalTable{mso-style-name:"Normale Tabelle";mso-tstyle-rowband-size:0;mso-tstyle-colband-size:0;mso-style-noshow:yes;mso-style-parent:"";mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt;mso-para-margin:0cm;mso-para-margin-bottom:.0001pt;mso-pagination:widow-orphan;font-size:12.0pt;font-family:"Times New Roman";mso-ascii-font-family:Cambria;mso-ascii-theme-font:minor-latin;mso-fareast-font-family:"Times New Roman";mso-fareast-theme-font:minor-fareast;mso-hansi-font-family:Cambria;mso-hansi-theme-font:minor-latin;mso-bidi-font-family:"Times New Roman";mso-bidi-theme-font:minor-bidi;}Kommunikationsdesign/Fotografie an der HAW Hamburg

SZ-Magazin: In Ihrer Fotostrecke »Landbordelle« beschäftigen Sie sich – wie auch in Ihrer Reihe »Kurfürstenstraße« – mit Prostitution. Was interessiert Sie an dem Thema?
Kathrin Tschirner:
Ursprünglich ging es um Sehnsuchtsorte im Allgemeinen. Bordelle, aber auch Spielotheken und Malls. Um die Suche nach dem kleinen Glück, das an diesen Orten erhofft, aber nur selten gefunden werden kann. In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es ein Haus mit einem großen Herz auf dem Dach und ich habe mich immer gefragt, mir ausgemalt, was da drinnen wohl passiert. Man merkt als Kind sehr genau, wie die Eltern und die Dorfgemeinschaft darüber sprechen. Ich habe mir immer den Hals verrenkt, um vielleicht doch etwas sehen zu können. Das Langzeitprojekt »Kurfürstenstraße« hat eine andere Herangehensweise. Ich habe dort gewohnt und konnte so die Prostituierten und ihren Alltag tatsächlich kennenlernen.

Was unterscheidet die Prostitution auf dem Land von der in der Stadt?
Auf dem Land sind die moralischen Zuschreibungen größer als in der Stadt. Niemand interessiert sich im urbanen Raum für jemanden, der auf dem Strich eine Sexarbeiterin anspricht oder in einen Massage-Salon geht. Auf dem Land wird man schnell zum Gesprächsthema. Niemand möchte persönlich damit in Verbindung gebracht werden. Mich wundert, dass die Tabuisierung einer so verbreiteten Dienstleistung mit den Jahren einfach nicht aufbricht. Ich glaube, viele schauen lieber weg.

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Wie haben Sie die Landbordelle gefunden?
Die meisten habe ich über Google gefunden, andere auf Freierportalen, die mit ihren geringschätzigen Kommentaren jedoch nur dosiert zu ertragen sind. Oft befinden sich die Etablissements am Ortsrand oder in angrenzenden Industriegebieten.

War es eine Option, auch mal reinzugehen, innen zu fotografieren?
Nein, es sollte genau dieser distanzierte Blick auf das Tabu bleiben. Ich finde die Außenansicht spannender als wirklich zu sehen, was dahintersteckt. Es sollen Fragen offenbleiben, Neugierde geweckt werden.

Die Gebäude wirken auf den ersten Blick unscheinbar. Gibt es ein Muster?
Sie sind alle sehr nüchtern und unauffällig, das stimmt. Abgesehen von gelegentlichen Beschilderungen oder dem klassischen roten Licht im Fenster könnten es auch Versicherungsunternehmen oder Privathäuser sein. Ihre wirkliche Funktion wird außen verschwiegen.

Wurden Sie während der Arbeit an dem Projekt von Menschen angesprochen?
Ja, vor allem von den Betreibern der Etablissements. Die waren anfangs immer sehr skeptisch, aber sobald ich ihnen das Konzept erklärt habe, hatte keiner mehr etwas dagegen. Ich habe die Reihe analog fotografiert, was sehr hilfreich war. Es stiftet Vertrauen, wenn Menschen wissen, dass nicht alle Bilder gleich online gehen.

Auf allen Fotos scheint die Sonne.
Die Lichtstimmung war bewusst gewählt. Das Licht bildet einen Kontrast zu dem im Dunklen bleibenden Inneren. Es lässt die Häuser beinahe surreal erscheinen. Außerdem unterstreicht das grelle manchmal fast kalte Licht die Distanz zum Objekt, die ich als Fotografin persönlich ja auch darstellen wollte.

Es gibt nur ein Bild, auf dem ein Mensch zu sehen ist. Ein Mann, der vor einer Garage sitzt. Warum sind nicht mehr Personen zu sehen?
Ist ein Mensch auf einem Foto, bezieht der Betrachter schnell alle anderen Komponenten auf diese Person. Es bringt eine persönliche Note in die Erzählung. Genau das wollte ich vermeiden. Die Gebäude sollten wie eigene Wesen wirken. Der besagte Mann aber schien eine Art Hausmeister zu sein. Als solcher gehört er gewissermaßen zum Inventar des Hauses und ist daher im Bild.

Fotos: Kathrin Tschirner