Hier geblieben

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Gesche Jäger, die wissen wollte, wie die Männer in Ostdeutschland mit dem Frauenmangel klarkommen. 

Name: Gesche Jäger
Geboren: 20. März 1980
Ausbildung: Ausbildung zur Fotografin, Studium der Fotografie an der FH Bielefeld
Homepage: Gesche Jäger // Das Buch zur Fotostrecke

In Ostdeutschland gibt es immer weniger Frauen. Wie gehen die Männer damit um?
Sie kriegen es nicht mit. Sie merken schon, dass die Frauen fehlen, manche verzweifeln auch an ihrem Alleinsein, sie wollen mit Anfang 30 endlich eine Familie gründen, aber dass der Frauenmangel ein gesellschaftliches Phänomen ist in Ostdeutschland, darauf musste ich sie erst aufmerksam machen. Selbst die Bürgermeister, mit denen ich geredet habe, wussten nichts davon. Die Frauen ziehen weg, weil sie schlicht zu gebildet, zu eigenständig sind für ihr Dorf.

Wie kamen Sie auf das Thema?
Ganz grundsätzlich interessiert es mich, das herrschende Klischee zu thematisieren, in dem Frauen schwach sind und Männer stark. Gerade Ostdeutschland ist da interessant, weil die Frauen hier bereits in der DDR arbeiten mussten und somit von Beginn an unabhängiger waren. Das zeigt sich dann auch im Alltag.

Welchen Einfluss hat der Frauenmangel auf das Leben der Männer, die Sie fotografiert haben?
Mein Eindruck ist, dass die Männer grundsätzlich viel abhängiger von ihrer Mutter sind. Sieben meiner neun Modelle wohnen zu Hause und sechs von neun Männern hatten entweder einen Elternteil verloren oder keinen Kontakt mehr. Die Männer arbeiten - falls überhaupt - in Berufen, in denen Bildung keine Rolle spielt. Das erklärt auch, warum die Schüler an den Förderschulen dort zu 85 Prozent männlich sind. Also ziehen die Frauen weg und die Männer ohne höhere Bildung bleiben alleine zurück.

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Jeder Mann schaut auf mindestens einem Foto traurig: Nur Sebastian, der Tennisspieler, nicht.
Der ist auch die Ausnahme. Er ist Finanzberater und würde wohl auch bei Frauen ankommen, aber sein Problem ist, dass die Frauen im Dorf nicht auf seinem Niveau sind. So empfindet er das zumindest. Wegziehen kommt für ihn allerdings nicht in Frage. Also ist auch er allein.

Wie viel Zeit haben Sie mit den einzelnen Menschen verbracht?
Insgesamt zweieinhalb Monate, pro Person eine Woche. Ich war auch vor Ort in den Dörfern. Die sind grundsätzlich männerdominiert, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht mitbekommt, da die Straßen menschleer sind. Während der ganzen Zeit habe ich nur eine einzige junge Single-Frau getroffen.