Name: Bettina Fischer
Jahrgang: 1968
Ausbildung: Studium der Fotografie an der FH Hannover
Website: http://www.bettinafischerphotography.de/
SZ-Magazin: Frau Fischer, wie kamen Sie auf die Idee, Herrenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern zu fotografieren?
Bettina Fischer: Im Studium habe ich eine Reisegeschichte über Quedlinburg in Sachsen-Anhalt fotografiert und bin über den Zusammenhang auch auf das Thema Denkmalpflege gekommen. Anstoß gaben mir dann zwei verschiedene Zeitungsartikel über alte Bauwerke und Denkmäler in Deutschland und über Herren- und Gutshäuser in Mecklenburg- Vorpommern. Das hat mein Interesse geweckt und mir die Tatsache verdeutlicht, mit welcher Unachtsamkeit wir unser kulturelles Erbe zerstören lassen. Seit 1945 sind weit mehr Baudenkmäler zerstört worden, als im Bombenkrieg des 2. Weltkrieges. Allein in den letzten 30 Jahren waren es etwa 300.000 Bauwerke. Das Thema Verfall und Abriss von Baudenkmälern im Ganzen wäre natürlich zu umfangreich geworden. Also habe ich mich auf die Herren- und Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern konzentriert und sie als Thema für mein Diplom gewählt. Allein das Wissen, dass nirgendwo sonst in Europa die Dichte an Schlössern, Herren- und Gutshäuser so hoch ist wie in Mecklenburg- Vorpommern, war Grund genug, mich fotografisch mit ihnen auseinander zu setzen.
Was ist das Besondere daran, verfallende, also tote Architektur zu fotografieren?
Es ist der Reiz, die Vergänglichkeit wieder aufleben zu lassen. Mit den Bildern gebe ich den alten Bauwerken ein Stück ihrer Seele zurück, damit sie nicht vergessen werden. Tot ist nur, was endgültig abgetragen wurde und uns nicht mehr umgibt. In den verfallenen Häusern ist aber die Geschichte noch spürbar und mit eingehender Recherche auch noch gegenwärtig. Und wenn man sich in ihrer Stille hinein begibt, könnte man fast meinen, noch die Musik eines rauschenden Festes zu hören oder aber auch die zahlreichen Schicksale zu spüren, die sich in den steinernen Zeugen ereigneten. Die Phantasie allein macht die verfallene Architektur viel lebendiger, als so ein postmoderner Einheitsglaskasten ohne Vergangenheit in seiner ebenso monotonen urbanen Umgebung. Haben Sie bei der Serie auf eine einheitliche Optik geachtet?
Auf jeden Fall. Zum Einem habe ich die Serie einheitlich 6x12 fotografiert, da sich das Format hervorragend der formalen Bauweise der meisten Herrenhäuser anpasst und deren Architektur einfach unterstreicht. Passend zu den maroden Herrenhäusern sollte der Himmel ebenso trostlos und traurig wirken, um so eine düstere Atmosphäre herzustellen und den Gesamtcharakter zu intensivieren. Zudem sind alle Herrenhäuser frontal fotografiert, um sie so direkt und unverzerrt wie möglich dazustellen. Wie ein Gesicht, welches Beachtung sucht.
Wie haben Sie die Häuser gefunden?
Heute läuft einfach viel über das Internet. Trotzdem habe ich nicht darauf verzichtet ganz klassisch die Eine oder andere Buchliteratur in der Bibliothek zu suchen oder in alten Printmedien ab 1989 zu stöbern. Zusätzlich habe ich dann auch vor Ort von Einheimischen etwas über die Vergangenheit der Herrenhäuser erfahren können. Zumindest was sich in der jüngeren Vergangenheit dort ereignet hat oder zu Zeiten der DDR.