Eine junge Frau aus Dubai, Sarah Hamouda, entwickelte »Messy Extra Filled Chocolate Bars«. Als Dubai-Schokolade wurde daraus über den Sommer einer der größten Social-Media-Food-Hypes überhaupt. Das Original von Hamoudas Startup »Fix Dessert Chocolatier« ist auch in Dubai teuer und schwer zu bekommen. Das Unternehmen Fix verkauft verschiedene Sorten, am beliebtesten ist die Variante mit grüner, cremiger Pistazienfüllung und einem Crunch von gerösteten Engelshaar-Teigfäden. Es gibt jede Menge Nachahmerprodukte. Manche sind schlecht, teuer sind sie trotzdem. Es spricht also viel dafür, Dubai-Schokolade einfach selber zu machen – vielleicht als ephemeres Weihnachtsgeschenk: Schmeckt gut und steht später nicht dumm herum. Es ist komplizierter, als es auf TikTok aussieht, die Schokolade wirklich gut hinzukriegen. Damit das bei Ihnen klappt, erkläre ich Ihnen ganz genau, worauf es wirklich ankommt:
Perfektes Foodpairing
Pistazien und Schokolade passen sehr gut zusammen. Besonders edel und nussig wird die Füllung mit hundertprozentigem Pistazienmus. Das ist im Moment wahrscheinlich leichter online zu finden als im Supermarkt um die Ecke, denn: Alle wollen ja gerade Dubai-Schokolade probieren. Ich mag es generell nicht ganz so süß, deshalb verwende ich Datteln statt Zucker und Zartbitter statt Vollmilch-Kuvertüre. Aber Sie können auch beide Sorten mischen oder reine Vollmilch-Kuvertüre nehmen (dann alle Temperaturen um 1,5 Grad niedriger ansetzen). Wenn Sie nur Pistazencreme finden, können Sie auch diese verwenden: einfach die Datteln weglassen und mehr von der Creme nehmen. Denn Pistaziencreme ist auf jeden Fall schon gesüßt (und manche enthalten erstaunlich wenig Pistazien). Für meine Weihnachtsversion gebe ich eine Prise Lebkuchengewürz mit in die Füllung. Das passt sehr gut, muss aber nicht sein.
Cremig, knusprig, knackig
Pistazienmus ist cremig, die gerösteten Teigfäden sind knusprig, die Schokolade knackig – drei unterschiedliche Konsistenzen geben Dubai-Schokolade ihren besonderen Reiz. Die cremig-knusprige Füllung ist ganz leicht selbst zu machen. Kadayif-Teigfäden gibt es in türkischen oder arabischen Lebensmittelläden. Tahin spielt zwar keine sehr große Rolle, gibt der Füllung aber einen Hauch zartbittere Würze. Ich würde es nicht weglassen.
Die Herausforderung
Eine hohle Tafel mit knackiger Kuvertüre selbst zu gießen – das ist die Herausforderung am Projekt DIY-Dubai-Schokolade. Damit Schokolade schön glänzt und diesen besonderen Knack bekommt, müssen wir sie nämlich temperieren. Es geht darum, die Entstehung günstiger Kakaobutter-Kristalle zu fördern und unerwünschte Typen von Kristallen zu eliminieren. Ein spezieller Typ sogenannter »Beta-Kristalle« schmilzt bei 34 Grad, die anderen Typen haben Schmelzpunkte unter 28 Grad. Diese Beta-Kristalle wollen wir kultivieren. Dafür erhitzen wir Schokolade auf knapp 45 Grad. So schmelzen alle Arten von Kakaobutter-Kristallen in der Schokolade. Anschließend kühlen wir die Schokolade geschickt ab, sodass sich nur die richtigen Kristalle neu bilden. Blätterteig und Schokolade gehören zu den höheren Weihen der Pâtisserie. Ich hatte moderat weiche Knie beim Gedanken an den Fototermin. Als ich meinen Freund und Konditormeister Arnd Erbel nach Tipps fragte, verstärkte die Unterhaltung zunächst meine Sorgen. Aber es ist ja gut, mögliche Probleme zu kennen, um dann sinnvoll damit umgehen zu können. Am Ende war ich dann sehr zufrieden mit meiner ultra-knackigen gefüllten Schokoladentafel.
Eine gute Technik
Chocolatiers temperieren meist mit der sogenannten Tablier-Methode (wenn sie ihre Kuvertüre nicht sowieso ganz easy in Spezialgeräten temperieren). Wir gießen dafür etwa zwei Drittel der geschmolzenen Schokolade auf eine glatte Arbeitsfläche, bewegen sie hin und her, bis die Schokolade beginnt cremig zu werden – so bilden sich alle möglichen Kristalle. Dann geben wir die cremige wieder zur geschmolzenen Schokolade und erhitzen ganz vorsichtig unter Rühren auf 32 Grad. So schmelzen unerwünschte Kristalle, die guten Beta-Kristalle bleiben. Vorteil der Tablier-Methode: Weil der Temperaturunterschied zwischen cremig-tablierter Schokolade und geschmolzener Schokolade nicht sehr groß ist, kann man die richtige Endtemperatur zuverlässig treffen. Nachteil: Riesensauerei. Eine etwas riskantere, aber saubere Methode finden Sie ganz unten als Tipp.
Vorsicht!
Schokolade wird sehr schnell viel heißer als man denkt, also lieber frühzeitig vom Wasserbad nehmen und mit einem Thermometer arbeiten. Am besten eignet sich ein schnelles Digitalthermometer, mein Standard-Grillthermometer ist zu langsam. Für die Sauerteigpflege hatte ich vor einiger Zeit einen Thermapen besorgt, der ist schnell genug – es gibt aber sicher auch andere gute Hersteller.
Schrumpftafeln und ein Hype aus grauer Vorzeit
Wenn die Schokolade richtig temperiert ist, dann zieht sie sich beim Erstarren ein wenig zusammen. Chocolatiers nutzen den Effekt und gießen ihre Schokoladentafeln in relativ starre, ganz glatte, durchsichtige Plastikformen. Aus denen fällt die fertige Tafel nämlich einfach heraus. Von unten kann man sehr gut sehen, ob die Tafel schon fest genug ist, dann kommt nämlich Luft zwischen Form und Schokolade. Ich wollte das Originalrezept möglichst gut verstehen und durchleben, bevor ich dann vielleicht irgendwann eine eigene Variante zusammenrühre, Dubai-Schoko-Pralinen, Dubai-Waffeln, oder wer weiß was. Deshalb wollte ich auch eine Profi-Form ausleihen. Das ist aber gar nicht so einfach, denn es gibt nur wenige Schoko-Dealer, die ihre Tafeln selber gießen. Ewelina, die mit mir fotografiert, konnte schließlich eine Form von Dimitri Angelousis leihen. Dimitri stellt in seinem Münchner Chocolab schon seit Monaten Dubai-Schokolade her. Die Tafeln werden ihm aus den Händen gerissen. Er bat uns, seine Form auf jeden Fall noch am selben Tag zurückzubringen. Später fiel mir ein, dass noch von einem frühen Instagram-Hype ein paar Silikonformen für Popsicles in Schokoladen-Riegelform im Keller lagen. Die können Sie auch sehr gut benutzen, meine Dubai-Tafeln sind damit sogar noch schöner geworden.
Dubai-Schokolade Xmas-Style
Zutaten für 3 Tafeln, je 140 g (weniger ist schwierig, vervielfachen macht die Arbeit leichter):
- 100 g Pistazienmus (oder 150 g Pistaziencreme, dann keine Datteln) Pistaziencreme
- 50 g Datteln ohne Stein Dattel
- 1 EL Tahin-Sesampaste Tahin
- 1 Prise Salz, 1 Prise Lebkuchengewürz Salz, Lebkuchengewürz
- 100 g Taze Kadayif, Engelshaar = türkische Teigfäden Engelshaar
- 25 g Butter
- 300 g Zartbitter-Kuvertüre (Schokolade geht auch, darf aber auch andere Fette als Kakaobutter enthalten, gute Kuvertüre ist hochwertiger) Kuvertüre, Schokolade
- Optional: Blattgold, Goldpuder o. ä. (reines Gold ist essbar) Blattgold
Außerdem: Formen für etwas höhere Schokoladentafeln, mindestens 15 mm (Profivariante zum Beispiel hier), Thermometer
1. Pistazienmus mit Zucker, Tahin, einer Prise Salz und einer größeren Prise Lebkuchengewürz verrühren. Datteln hacken. Engelshaar mit einer Schere klein schneiden, mit der Butter in einer Pfanne goldbraun rösten, oft umrühren. Warmes Engelshaar und Datteln mit der Pistazienmischung verrühren. Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
2. Die Schokolade hacken, in einer Metallschüssel auf einem passenden Topf mit etwas kochendem Wasser schmelzen – der Boden der Schüssel darf nicht im Wasser hängen. Oft umrühren, die Temperatur messen. Sobald die Kuvertüre knapp 45 Grad hat, den Topf mit der Schokolade vom Herd und die Schüssel vom Topf nehmen. Etwa zwei Drittel der Schokolade auf einen glatten Untergrund gießen. Dabei darauf achten, dass keine Wassertropfen in die Schokolade fallen – sonst ist alles verloren. Also die Außenseite der Schüssel trockenwischen, dann erst gießen. Arbeitsflächen aus Marmor oder Edelstahl sind gut geeignet, andere glatte Materialien die sich nicht durch Schokolade verfärben auch. Schokolade mit einer Palette oder einem breiten Malerspachtel zügig »tablieren« also verstreichen, dann wieder zur Mitte hin zusammenschieben, bis die Schokolade cremig wird – dann sollte sie 27-28 Grad haben, auf jeden Fall nicht mehr. Die Schokolade zügig zurück in die Schüssel mit der wärmeren Schokolade geben, verrühren. Jetzt sollte die Schokolade 31,5-32 Grad heiß sein (für Milchschokolade 30,5 Grad). Ist die Temperatur zu hoch, nochmal einen Teil der Schokolade tablieren – ist sie zu niedrig, rührend sehr vorsichtig auf 31-32 Grad erhitzen. Es dauert eine Weile bis die tablierte Schokolade wieder komplett geschmolzen ist. Dafür die Schüssel zwischendurch mal auf den Topf mit dem heißen Wasser setzen, aber wahrscheinlich nicht mehr kochen, sonst wird die Schokolade zu schnell zu heiß (Vorsicht: über 34 Grad – bei Milchschokolade 32,5 Grad, weiße Schokolade 31,5 Grad – geht die Temperierung verloren, dann muss man den ganzen Prozess nochmal durchlaufen).
3. Supersaubere Formen mit Schokolade ausgießen, überschüssige Schokolade zurück in die Schüssel gießen. Schokoladenformen eher auf einem kühlen Balkon als im kalten Kühlschrank etwa 10 Minuten lang erstarren lassen (dann gibt es später weniger Probleme mit Kondenswasser, das die Oberfläche der Schokolade hässlich machen könnte). Im Idealfall während der Kühlzeit darauf achten, dass die restliche geschmolzene Schokolade nicht zu heiß, aber auch nicht wesentlich zu kalt wird – Falls das nicht klappt: Es geht jetzt nur noch um die Unterseite der Schokoladentafel – ist also nicht mehr ganz so wichtig.
4. Pistazienfüllung in den Formen verteilen, ganz glatt streichen. Dabei darauf achten, dass ein kleiner Schokorand frei bleibt und keine Hügel aus Füllung entstehen. Die restliche Schokolade nochmal auf 31-32 Grad bringen, die Schokoladentafeln damit verschließen. Abkühlen lassen, dann die Stege und Ränder der Formen mit einem Spachtel säubern. Dubai-Schokoladen-Tafeln aus den Formen nehmen – professionelle Formen aus glattem, transparentem Plastik kann man ganz vorsichtig verwinden (ähnlich wie steife Eiswürfelformen), spätestens dann sollten die Schokoladentafeln aus den Formen fallen. Die Formen nur mit warmem Wasser reinigen und vor dem nächsten Gebrauch einmal mit einem Wattebausch auswischen. Aus Silikonformen kann man die Tafeln einfach herausdrücken. Viele Silikonformen sind matt, das ist nicht ideal, aber ganz glatte Silikonformen eignen sich sehr gut.
5. Eventuell mit Goldpuder oder Blattgold verzieren – reines Gold kann man essen, ist ein Spurenelement. Zum Vergolden die Schokolade zart anhauchen, dann ein Goldblatt auflegen oder bepudern – dann hält das Gold wesentlich besser, als im Video zu sehen ist.
Die Abkürzung: Kuvertüre ganz einfach temperieren
Statt die geschmolzene Schokolade wie beschrieben teilweise zu tablieren können Sie auch einfach nach und nach ungefähr ein Drittel der Gesamtmenge (hier 100 g) an gehackter Schokolade oder Schokopellets in die 45 Grad warme Kuvertüre (hier 200 g) rühren, bis die Temperatur auf 34 Grad gesunken ist, darunter schmilzt die Schokolade nicht mehr genug. Dann stehen lassen, bis die Temperatur 32 Grad erreicht hat. So impfen wir die geschmolzene Schokolade mit Beta-Kristallen aus der gehackten Schokolade (die war auch schon temperiert), für die schlechten Kristalle ist es bei 32 Grad noch zu warm. Die Kuvertüre ist temperiert, wir rühren nochmal um, fertig. Vorteil: geht schnell, keine verschmierten Arbeitsflächen, Nachteil: man muss die Menge der Stückchen relativ genau treffen, damit am Ende alles geschmolzen ist und die Temperatur stimmt. Falls beim Temperieren doch mal etwas schief geht, kann man übrigens einfach nochmal anfangen, die Schokolade geht nicht gleich ganz kaputt, nur weil sich die falschen Kristalle gebildet haben.