Trotz monatelanger Trockenheit im Winter, schlechter Behandlung und Nährstoffmangel sprießen die grünen Triebe des Estragon, sobald im Frühling die ersten Sonnenstrahlen den Boden wärmen. Und wenn es später noch einmal schneit - egal. Je härter die Bedingungen, desto besser der Geschmack.
Bisher dachte ich, es gäbe nur zwei Sorten von Estragon. Die französische ist etwas zarter, nicht ganz frostfest, dafür fein und aromatisch. Die russische ist gröber, robust und schwach im Geschmack. Doch es existiert noch eine dritte Sorte, der deutsche Estragon - lieblich, mit einem leichten Anisduft, dabei gleichzeitig unverwüstlich. Das muss die Sorte in meinen Blumentöpfen und Beeten sein (Pflanzen gibt es zum Beispiel hier).
Estragon ist meiner Meinung nach zu Unrecht etwas aus der Mode gekommen. Ich nehme das Kraut ständig für Butterbrote, Salate, Pesto, geedünstetes Huhn und auch für eine Art Sauce Béarnaise zu Spargel oder Ofengemüse.
Für eine coole Variante, die zudem auch noch vegan ist, verwende ich Sojasahne und Brottrunk. Lecithin in Sojasahne ist ein sehr guter Emulgator und ersetzt perfekt das Lecithin im Eigelb der traditionellen Hollandaise oder Béarnaise. Ich verwende Sojasahne vor allem, weil ich es mich jedes Mal fasziniert, wie gut die unscheinbare Flüssigkeit meine Sauce bindet. Ihr neutraler Geschmack lässt die Sauce leichter wirken als in der Eigelb-Variante, auch das gefällt mir. Und der Brottrunk eignet sich sehr gut, um daraus mit Gewürzen und Estragonstielen eine kräftige Reduktion zu kochen. Die braucht jede Sauce der Hollandaise-Familie um wirklich komplex und tief zu schmecken. Kochen Sie im Zweifelsfall lieber die doppelte Menge, die Sauce schmeckt auch kalt und lässt sich gut wieder aufwärmen.
Estragon-Brottrunk-Béarnaise mit Spargel
Für 3-4 Personen
3 Frühlingszwiebeln
1 Tomate
1 TL Pfefferkörner
1 großer Bund Estragon
200 ml Brottrunk (oder 3 EL Estragonessig, 75 ml Weißwein und 6 EL Wasser)
125 g kaltgepresstes Rapsöl
3 EL Sojasahne (heißt im Handel auch Soja cuisine o.ä.)
Salz
Cayennepfeffer
Zuerst eine Reduktion vorbereiten: Frühlingszwiebeln putzen und in Ringe schneiden, den dunkelgrünen Teil beiseite stellen. Tomate grob würfeln. Pfefferkörner quetschen. Estragonblättchen zupfen und grob hacken, Den hellen Teil der Frühlingszwiebeln, Tomate, Pfeffer und Estragonstiele mit Brottrunk in einem kleinen Topf etwa um gut die Hälfte einkochen, durch ein Sieb gießen. Falls noch mehr als 90 ml übrig sind, noch etwas mehr einkochen.
Rapsöl in einem kleinen Topf lauwarm erhitzen. Die Reduktion noch einmal aufkochen, in einem Mix- oder Messbecher mit 3 EL Sojasahne mit dem Pürierstab mixen, nach und nach das Öl zugeben (zerlassene Butter schmeckt auch - aber dann ist es nicht mehr vegan). Estragon einrühren und mit Salz und etwas Cayennepfeffer abschmecken. Die Sauce noch einmal erhitzen aber nicht mehr kochen und mit Spargel und Ofenkartoffeln servieren.
Ausserhalb der Spargelzeit passt die Sauce wunderbar auch zu gedünstetem Gemüse, Ofengemüse, zu Eiern mit Spinat oder zu einfachen Currygerichten.