"Ich halte extrem lange durch"

Seine Traumrollen bekamen meist andere. Erst die des schwulen Cowboys in "Brokeback Mountain" hat Jake Gyllenhaal berühmt gemacht. Ein kurzes Gespräch über das harte Showgeschäft.

SZ-Magazin: Herr Gyllenhaal, Sie haben gerade nicht viel Zeit, oder?
Gyllenhaal: Na ja, es geht. Legen Sie los.

Lassen Sie uns über Durchhaltevermögen sprechen.
Warum?

Sie haben in Ihrer Karriere oft durchhalten müssen, wo andere aufgegeben hätten.
Zum Beispiel?

Meistgelesen diese Woche:

Sie wurden damals für Moulin Rouge gecastet, aber die Hauptrolle bekam Ewan McGregor.
Ja.

Sie durften schon Probeaufnahmen als Spider-Man machen, aber dann wurde Tobey Maguire der Hauptdarsteller.
Ja.

Für Batman Begins wurden Sie auch gecastet.
Ja, ja, ja.

Und für Superman Returns
Auch, ja. Ich hab’s verstanden. Aber was soll ich denn machen? Ich liebe diesen Job. Da kann ich doch nicht einfach sagen, leckt mich, ich lass es bleiben. Und es gab ja auch Brokeback Mountain

Das Schwulendrama, das Sie berühmt gemacht hat.
… und davor Donnie Darko.

Den Horrorfilm wollte erst kein Mensch sehen, aber mit Verzögerung fand er doch noch eine kleine Fan-Gemeinde.
Na, sehen Sie, ein Film mit Durchhaltevermögen.

Es geht jetzt das Gerücht, Sie würden demnächst Lance Armstrong in einem Film spielen.
Nein, das ist ein Missverständnis. Die Rolle hat Matt Damon.

Oh. Pardon, das ist ja schon wieder…
Nein, nein, kein Problem. Das Gerücht kam auf, weil Lance und ich befreundet sind.

Armstrong hat Tausende von Kilometern auf dem Rad hinter sich. Hat er Ihnen was über das Durchhalten beibringen können?
Auf dem Rad, klar. Aber mich beeindruckt vor allem, was er für die Menschen getan hat.

Was hat denn Lance Armstrong für die Menschen getan?
Er hat sie motiviert! Dank ihm haben Millionen von Menschen angefangen, über sich selbst nachzudenken und herauszufinden, was in ihnen steckt.

Ziemlich amerikanische Antwort. Aber es ist eigentlich nicht sehr wahrscheinlich, dass er all die Siege bei der Tour de France geschafft hat, ohne je gedopt zu haben, oder?
Ich sage: Wer dopt, wird früher oder später erwischt.

So.
Ja. Und ist Lance erwischt worden?

Na gut. Die Antwort eines Freundes. Worin haben Sie selbst am meisten Durchhaltevermögen bewiesen?
Tut mir leid, schon wieder eine amerikanische Antwort: in meiner Arbeit. Ich bin eigentlich kein sehr disziplinierter Mensch, ich neige zur Inkonsequenz, zum Chaos. Nur als Schauspieler habe ich extrem viel Durchhaltevermögen, da schaffe ich es, sehr präzise an Rollen zu arbeiten.

Aber machen Sie privat auch Fortschritte?
Immerhin werde ich besser, was das Pflegen meiner Freundschaften angeht. Viele vergessen das, sobald sie Erfolg im Beruf haben.

Was haben Sie dabei gelernt?
Man darf nicht erwarten, dass die Menschen immer gleich bleiben. Ich erzähl Ihnen was: Meine Eltern sind seit dreißig Jahren verheiratet. Ihre Silberhochzeit haben sie mit einer kleinen Party gefeiert. Da sagte ein Cousin zu meinem Vater: Wow, wie ist es eigentlich, 25 Jahre mit derselben Frau verheiratet zu sein? Darauf sagte meine Vater: Sie ist doch nicht dieselbe Frau!

Schön.
Ja, Menschen verändern sich. Das ist aufregend. Und deswegen finde ich es immer albern, wenn Filme mit einem Happy End aufhören. Das Spannende passiert doch erst, nachdem der Mann und die Frau sich gekriegt haben!

Schauen wir in Ihre Zukunft: Was für Pläne haben Sie? Wobei müssen Sie durchhalten?
Ähm… Ich muss mir dringend angewöhnen, mich regelmäßig einzucremen.

Aha.
Ja, ich habe trockene Haut. Also eincremen. Regelmäßig.

Guter Plan. Weiter – wen bewundern Sie für seine Konsequenz?
Jacques Pépin.

Wer ist das?
Ein Koch, er schreibt auch Bücher. Er hat ein ganz eigenes Verständnis von Nahrung. Über den sollten Sie mal berichten! Schreiben Sie sich auf: P. É. P. I. N.

Wie hält man das aus, wenn man absurde Klatschgeschichten über sich liest?
Ich bemühe mich, das pragmatisch zu sehen: Ich habe mich für diese Art von Leben entschieden, also muss ich den Scheiß ertragen. Es ist im Grunde wie mit einem Garten.

Erklären Sie das bitte.
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Garten. Und da gibt’s Tomaten und Salat und schöne Blumen, also die ganzen guten Sachen, aber es gibt eben auch Würmer und alle möglichen Viecher, die absolut widerlich sind. Trotzdem werden die schon irgendeine Funktion haben, die fressen Schädlinge oder so.

Und was ist die Funktion von Klatschreportern?
Muss ich, ehrlich gesagt, noch rausfinden. Das sind eigentlich eher Schädlinge.

Oft dreht sich der Klatsch um Ihre wechselnden Beziehungen. Da haben Sie nicht immer Durchhaltevermögen gezeigt. Sie experimentieren viel.
Oh, »experimentieren« ist ein schöner Euphemismus, so nenne ich es ab jetzt auch!

Sie waren mit der Kollegin Kirsten Dunst zusammen, mit Reese Witherspoon, mit vielen unbekannten Schönheiten… Wollen Sie es nicht mal ruhiger angehen lassen?
Doch, doch. Aber ich bin 26 Jahre alt, das hat Zeit. Und ich muss in der Hinsicht auch noch viel lernen.

Was denn zum Beispiel?
Mich regelmäßig einzucremen.

Weil Sie…
Genau, trockene Haut. Okay, sind wir fertig hier? Dann geh ich jetzt mal die Cremedose suchen.

In David Finchers 70er-Jahre-Thriller »Zodiac« (im Kino) spielt Jake Gyllenhaal einen Zeitungsmitarbeiter, der über viele Jahre hinweg die Spur eines Serienmörders verfolgt, obwohl die Polizei den Fall schon lang aufgegeben hat.

Foto: afp