Es scheint, als hätten die chinesischen Grenzkontrollen ein Problem mit Matt Damons typischem Haarschnitt, dem so soliden wie unspektakulären Drei-Zentimeter-Cut. Denn zur Pressekonferenz für seinen aktuellen Bourne-Film (wir haben aufgehört, mitzuzählen, der wievielte es ist) erschien der Schauspieler in Peking mit offenbar über Nacht gewachsenem Pferdeschwanz. Wie konnte das passieren?
Ähnliches ereignete sich bereits vor rund einem Jahr, als Damon erstmalig mit ähnlicher Frisur zum Promotermin in die chinesische Hauptstadt reiste – und damit die Klatschspalten sämtlicher Boulevardmedien lahmlegte. In Windeseile richteten Fans seinem Zopf einen eigenen Twitteraccount ein und feierten Damons neuen Look im Netz als Mischung aus »cool dad«, sexy Pirat und Hippie-Barista.
Mit seinem langen Haar war Damon in Hollywood damals noch in bester Gesellschaft: Auch Kollegen wie Leonardo DiCaprio, Orlando Bloom, Jared Leto oder Jeff Bridges hatten sich in den letzten Jahren einen Männer-Dutt stehen lassen, neudeutsch: »Man Bun«, und damit gehörig auf ihr Coolness-Konto eingezahlt – zeugt doch so eine scheinbar spontan zusammengebundene Mähne untrüglich von jugendlicher Lässigkeit und Virilität.
Unzählige Normalos eiferten ihnen nach: Mit ungestutztem Gesichts- und Haupthaar mutierte selbst der wässrigste Milchbubi zum unerschrockenen Surferboy. »Grooming«, also das neue männliche Haarpflegebewusstsein, wurde zum der Trend der Stunde und zog eine ganze Produktpalette an Haarsprays und -wachsen hinter sich her. Der Man Bun war die angesagteste Männerfrisur dieses Jahrzehnts. Bis Matt Damon ein zweites Mal nach China kam.
Der Hintergrund für Damons temporäre Haarverlängerung, bestehend aus 700 künstlichen Extensions, wie er in einem Interview erzählte, ist dessen neue Rolle als Monsterbekämpfer im Blockbuster »The Great Wall« – die frisurbedingte Publicity kommt ihm da nicht ungelegen. Und auch ein bisschen zusätzlicher Sexappeal dürfte den stets etwas brav wirkenden Damon nicht stören – dieser Schuss geht allerdings nach hinten los. Einst lockig und leicht zerzaust, erinnert die 2016er Version von Damons Pferdeschwanz weniger an verwegene Piraten als an den männlichen Teil der Kelly Family. So ein schleimig frisiertes Nackenknäuel mit freigelegten Geheimratsecken haben wir seit dem offiziellen Tod des Männerzopfes circa 1995 nur noch an alternden Metall-Fans, Comic-Verkäufern und Keyboardspielern im Jugendgottesdienst gesichtet – also einer eher weniger trendweisenden demografischen Gruppe.
Ein weiteres Indiz für den Niedergang des Man Buns kommt von Fußballer Jerome Boateng, der etwa zeitgleich zu Damon auf Instagram sein zum mickrigen Dutt gestecktes Mini-Schwänzchen präsentierte. Nein, die glorreichen Zeiten des lässigen Männerzopfes sind vorbei. Gute Nachrichten für alle mit schütterem Haar.
Wird getragen von: John Travolta in Pulp Fiction, Angelo Kelly (und seinen Brüdern), David Garrett
Typischer Instagram-Kommentar: #longhairdontcare
Wird getragen mit: mittelalterlichem Rüschenhemd, ausgestellter Cordhose, handgeschmiedetem Amulett an Lederkette, latentem Schweißgeruch
Foto: Gettyimages / VCG