Wenn Charlie Sheen das feurige Überraschungsmenü der männlichen A-Liga Hollywoods ist, dann ist Tom Hanks mehr so der Erbseneintopf. Langweilig, aber solide. Der Schauspieler lebt seit Jahrzehnten in derselben glücklichen Ehe und hat nie mit Gewaltausbrüchen, politisch inkorrekten Aussagen oder ausschweifenden Drogenpartys von sich reden gemacht.
Ähnlich steht es auch um seinen Kleidungsstil: »Hanx«, wie der Schauspieler seine Tweets unterschreibt, trägt bei jedem öffentlichen Auftritt seit Forrest Gumps erstem Dauerlauf einen schlichten dunklen Anzug, gerne von Tom Ford, immer klassisch geschnitten, meist zweiteilig und einreihig.
Dieser wenig riskanten Grundgarderobe blieb er auch Anfang des Monats bei der Premiere seines neuen Films »Bridge of Spies« im Rahmen des New York Film Festivals treu. Hanks erschien im grau-grau-grauen Ensemble aus Anzug, Hemd und einer Krawatte, die sehr laut »Rechtsanwalt und Notar« zu rufen schien. Nicht die triste Farb- oder Krawattenwahl und nicht einmal die offensichtlich schlecht eingenähten Sakkoärmel, die an der Schulter deutliche Falten werfen, wären der Rede wert. Es sind andere Details, die Hanks Outfit so auffällig unauffällig machen.
Einerseits: der Hut. Dass Tom Hanks sich nach seinem traumatischen Auftritt bei »Wetten, dass..?« vor rund zwei Jahren überhaupt noch an Kopfbedeckungen herantraut, ist zunächst mal zu begrüßen. Immerhin wurde er damals nach einer verlorenen Wette genötigt, mit einer Plüschkatzen-Mütze auf dem Kopf Markus Lanz beim Sackhüpfen zuzusehen.
Zur Premierenfeier entschied sich Hanks dennoch für einen Fedora aus Filz. Die Liste prominenter Anhänger dieses Modells ist lang und reicht von Al Capone über Indiana Jones bis Pete Doherty – alle vereint in ihrer Coolness und »Scheiß egal«-Haltung. Der drollige Hanks, der sich im Fernsehen entschuldigt, wenn ihm mal ein Schimpfwort rausrutscht und zuletzt brav auf Twitter nach der Besitzerin eines Studentenausweises suchte, träumt eben auch manchmal davon, ein bisschen mehr Mafioso, Abenteurer oder harten Drogen nicht abgeneigter Rockmusiker zu sein.
Dafür spricht auch sein neuer Bart. Bekanntlich ist Hanks untere Gesichtshälfte so glatt wie der Plot von Schlaflos in Seattle, jetzt zeigt er sich mit Schnäuzer. Besonders in Kombination mit der auffälligen Hornbrille liegt die Vermutung einer Hommage an den globalen Hipster-Chic (Brooklyn, Toronto, Berlin-Mitte) nahe – bei Onkel Tom scheint sich statt weithin geplantem Style-Statement im lückenhaften Oberlippenbart allerdings eine gewisse Spontaneität zu manifestieren.
In einer Zeit, in der jedem Schauspieler für den »richtigen« Red-Carpet-Auftritt dutzende Stylisten zur Verfügung stehen, wirkt Tom Hanks‘ Aufzug mit sizilianischem Kartenspieler-Charme so, als habe er ihn gerade selbst aus dem Schrank gefischt. Und das ist nicht das einzig Erfrischende daran. Während Hanks‘ Schauspieler-Kollegen wie Tom Cruise, Silvester Stallone, Mickey Rourke und Co. sich in enge Hosen zwängen und im Schönheitssalon ein-und ausgehen, zeigt sich Tom Hanks auf dem roten Teppich als älter werdender Gentleman mit eigenem Stil und enthüllt während der anschließenden Pressekonferenz sogar sein komplett ergrautes Haupthaar. So viel Natürlichkeit ist in Hollywood selten. Thanx, Hanx.
Wird getragen von: Film- und Musiklegenden, Backgammon-Spielern
Wird getragen mit: Zigarre, Taschenuhr, Stock, Sodbrennen
Das sagt der Kollege: Ich kenn hier in New York einen super Barber-Shop, komm doch mal mit! Und Haare färben können die auch...
Typischer Facebook-Kommentar: Zuviel Method Acting oder was?
Foto: Gettyimages / Gilbert Carrasquillo